Bildsprache im internationalen Hochschulmarketing: Vielfalt, natürlich und unverstellt
Autorin: Gunda Achterhold (22. Juli 2020)
Jede Hochschule präsentiert sich der Öffentlichkeit über Bilder – seien es Fotos, Videoaufnahmen, Zeichnungen oder Animationen. Im Idealfall treffen sie jeweils die spezifischen Erwartungen verschiedener Zielgruppen und sind zugleich in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt – im Sinne eines Corporate Designs.
An der FH Münster war die Entwicklung einer klar definierten Bildsprache Teil eines Markenbildungsprozesses zur Schärfung des Hochschulprofils. Nah und authentisch soll die visuelle Ansprache sein, die im Zuge eines kompletten Relaunches des Internetauftritts erarbeitet wurde. “Unsere Bildsprache ist letztlich auch ein Teilelement dieser strategischen Neuausrichtung”, betont Carsten Schröder, Vizepräsident für Transfer, Kooperation und Innovation an der FH Münster.
Gemeinsam mit Studierenden des Fachbereichs Design entwickelte die beauftragte Agentur ein Konzept und definierte im Rahmen eines Workshops Bilderwelten zu verschiedenen Themen wie Lehre, Forschung oder Campus. Interaktionen zwischen Studierenden und Lehrenden oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule rückten stärker in den Mittelpunkt einer an der Reportagefotografie orientierten Bildsprache. “Wir verstehen uns als Begleiter und Verbündete in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels – auf individueller Ebene ebenso wie im Hinblick auf Verbünde und partnerschaftliche Kooperationen”, so Schröder. “Das ist unser Markenkern, den wir auch visualisieren wollen – mit auf Vorrat produzierten Stock-Fotos lassen sich diese Kernwerte nicht bebildern.”
Je besser die Bilder, desto mehr Klicks
Für zwei große Shootings beauftragte die FH Münster verschiedene Fotografen und macht seitdem die meisten Bilder selbst. “So, wie wir die Hochschule zeigen, sieht es bei uns auch wirklich aus”, betont Pressesprecherin Katharina Kipp. “Wir gehen nicht erst in die Labore und räumen dort auf.” Ihr Team achtet darauf, dass die Kernbotschaft umgesetzt wird und auf den Bildern Menschen interagieren. “Alle Fotografinnen und Fotografen haben unterschiedliche Vorlieben, im Hinblick auf Themen oder auch in der Art und Weise wie sie fotografieren”, so Kipp. “Diese Vielfalt, auch in der Bildsprache, ist gewollt. Wir bewegen uns aber immer in einem Rahmen, der uns durch unsere FH-Bildsprache vorgegeben ist.”
Besonders aufwendig bebildert sind die oft persönlich angehauchten FH Storys, sie leben von großformatigen, attraktiven Fotos. Für diese angeteaserten Momentaufnahmen, die auch über die Social-Media-Kanäle ausgespielt werden, kommen nur Themen infrage, die bildtechnisch gut funktionieren. Denn die Resonanz ist eindeutig: Je besser die Bilder, desto häufiger werden die Storys geklickt, beobachtet Katharina Kipp.
Auch internationale Studierende erzählen im Story-Format von ihrem Leben auf dem Campus im Münsterland, Outgoings berichten von ihren Aufenthalten im Ausland. Die Kontakte stellt in aller Regel das International Office her. “Hier arbeiten wir meistens mit privaten Bildern, die uns von den Studierenden zur Verfügung gestellt werden”, so Kipp. “Aber sie entsprechen den Leitlinien der Hochschule und sind vor allem sehr nah dran an den Menschen und ihren individuellen Geschichten.”
Studierende als Markenbotschafter – glaubwürdig und authentisch
Dem Anspruch, das Campusleben möglichst unverstellt und mit echten Protagonisten abzubilden, fühlen sich in Deutschland mehr und mehr Hochschulen verpflichtet. Die Verwendung von Motiven aus kommerziellen oder frei zugänglichen Bilddatenbanken wird auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) nach Möglichkeit vermieden. Ihre verbindlichen Leitlinien zur Bildsprache kommuniziert die Hochschule über ein Online Manual Corporate Design nach innen wie außen. Eine ausgewogene Berücksichtigung von Männern und Frauen wird ebenso vorausgesetzt wie Respekt vor kulturell unterschiedlichen Sichtweisen, zu freizügig gekleidete Menschen sind auf den Fotos tabu. “Bei der Bildsprache unterscheiden wir bis dato nicht zwischen nationalen und internationalen Zielgruppen”, erklärt Pressesprecherin Dr. Adina Herde. “Wichtig ist uns, dass die Fotos, die wir einsetzen, authentisch sind. Fotos in Studiengängen werden also in der Regel nicht gestellt, sondern in dem Umfeld gemacht, in dem normalerweise auch die Lehrveranstaltungen stattfinden.”
Mithilfe einer Modeldatenbank sorgt die Hochschule Kempten kontinuierlich für aktuelles Bildmaterial. Flyer, Studienführer, Homepage oder Messekatalog: Für all diese Marketingaktivitäten werden überwiegend Studierende, Lehrende oder Hochschulangehörige ins Bild gesetzt. Die Datenbank erleichtert die Organisation erheblich. “Bei Bedarf greifen wir auf registrierte Studierende zurück und fragen für ein Shooting an”, erklärt Jessica Jack, Mitarbeiterin der Abteilung Hochschulkommunikation. Gesucht werden in der Regel gleich mehrere Leute, die sich für verschiedene Motive gut “durchmischen” lassen. “Die Zusammensetzung der Personengruppen hängt vor allem von den Rückmeldungen ab. Dabei achten wir darauf, dass möglichst auch Studierende von der Fakultät dabei sind, über die wir berichten”, betont Jack.
Die Resonanz sei groß, “die meisten finden das ziemlich cool”. Die Situationen sollen locker rüberkommen, nicht gestellt. “Manchmal ist es gar nicht so einfach, vor der Kamera warm zu werden, aber wir helfen neuen Models dabei und sorgen für eine gute Stimmung am Set”, erzählt sie. Als Dankeschön erhalten die ehrenamtlich Beschäftigten die Fotos auch für den eigenen Gebrauch – was wiederum einen positiven Nebeneffekt zur Folge hat: “Die Studierenden posten die Fotos natürlich auch über ihre eigenen Kanäle”, berichtet Jessica Jack. “Das ist zusätzliche Werbung für uns.”
Vielfalt zeigen, Stereotype vermeiden
Wie lässt sich Vielfalt angemessen abbilden, ohne künstlich gewollt zu wirken oder gar gestellt? Merle Hoffmann plädiert dafür, Menschen, die abgebildet werden, mit einzubeziehen und an Ort und Stelle zu klären, in welchem Kontext Fotos eingesetzt werden. “Das ist der sicherste Weg, um den dargestellten Menschen gerecht zu werden”, sagt die Politikwissenschaftlerin. Im Gleichstellungsbüro der Hochschule Fulda beschäftigt sie sich mit Fragen zur Gleichstellung und geschlechtlicher Vielfalt.
Im Zuge einer hochschulweiten Empfehlung für eine gendersensible Schriftsprache entwickelte ihr Team einen Sprach- und Kommunikationsleitfaden, der auch Empfehlungen zur Bildsprache gibt. “Uns geht es darum, das Bewusstsein für Stereotype zu schärfen”, so Hoffmann. Der Leitfaden vermittelt konkrete Hinweise dazu, wie sich körperliche und soziale Vielfalt auf Augenhöhe und möglichst heterogen darstellen lassen. In welchem Zusammenhang will ich Sichtbarkeit für bestimmte Menschen herstellen? Diese Frage stehe letztlich immer im Mittelpunkt. “Es geht darum, ein Gespür zu entwickeln, wie sich diese Absicht respektvoll ins Bild setzen lässt – und zwar ohne krampfhaft etwas zur Schau zu stellen”, erklärt die Gleichstellungsreferentin. Diese Sensibilität setze Wissen um Machtverhältnisse und Zuschreibungen voraus. “Deshalb raten wir dazu, bei der Bildauswahl möglichst viele unterschiedliche Perspektiven zur kritischen Beurteilung mit einzubeziehen.”
Bildsprache regional anpassen
Auch im DAAD gehört eine sorgfältige Bildauswahl zum Tagesgeschäft, um das Thema Studieren und Forschen in Deutschland in den Online– und Printmedien abzubilden. “Generell versuchen wir, im Rahmen von Fotoproduktion und Bildauswahl das Thema Internationalität in Deutschland sichtbar zu machen und typische Aspekte der Lebenswirklichkeit internationaler Studierender in Deutschland abzubilden”, erklärt Angela Faust, Mitarbeiterin im Referat Informationen zum Studium in Deutschland. “Wir achten aber auch darauf, dass unsere Bilder auf der ganzen Welt eingesetzt werden.”
In vielen Ländern sind zum Beispiel auch Eltern eine wichtige Zielgruppe im internationalen Hochschulmarketing. Die DAAD-Elternbroschüre Studieren in Deutschland: Eine gute Wahl für Ihr Kind, liegt in fast 20 Sprachfassungen vor. Die Bebilderung ist hier ein wichtiger Faktor, um regionale Bezüge herzustellen: über Fotos mit Testimonials aus der jeweiligen Sprachregion und mit “echten” Eltern, die sich gemeinsam mit ihren Kindern präsentieren. “Hier können wir auf die Unterstützung des weltweiten DAAD-Netzwerks zurückgreifen”, betont Faust. “Mit ihrer regionalen Expertise können unsere Kolleginnen und Kollegen in den Auslandsbüros noch viel besser als wir einschätzen, ob die Bildsprache für das jeweilige Land funktioniert.”
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