Ihre Expertinnen und Experten in Deutschland Ihre Expertinnen und Experten in Australien DAAD-Informationszentrum Sydney 90 Ocean Street Woollahra, NSW 2025 Tel: + 61 (02) 72088119 E-Mail: info@daad-australia.org Weitere Informationen www.daad-australia.org www.daad.de/de/laenderinformationen/ DAAD Kennedyallee 50, 53175 Bonn www.daad.de GATE-Germany – Konsortium für Internationales Hochschulmarketing Geschäftsstelle im DAAD Dr. Ursula Maria Egyptien Gad Tel: +49 228 882-388 E-Mail: egyptien@daad.de Marie Buchta Tel: +49 228 882-642 E-Mail: buchta@daad.de Referat – Internationales Hochschulmarketing Tel: +49 228 882-669 E-Mail: marketing@daad.de Referat – Internationales Forschungsmarketing Tel: +49 228 882-146 E-Mail: research-in-germany@daad.de Referat – Kompetenzzentrum inter- nationale Wissenschaftskooperationen Tel: +49 228 882-9-882 E-Mail: kiwi@daad.de LÄNDERPROFILE ONLINE www.gate-germany.de/laenderprofile Bisher erschienen: Chile, Serbien, Kasachstan, Thailand, Ghana, Spanien, Ukraine, Japan, USA, Frankreich, Ägypten, Südkorea, Iran, Tschechien, Indonesien, Peru, Israel, Kanada, Tunesien, Mexiko, Italien, Malaysia, Kolumbien, Kenia, Großbritannien, Vietnam, Argentinien, Indien, Polen, China, Türkei, Südafrika, Brasilien, Russland, Baltische Staaten, Golfstaaten IMPRESSUM Herausgeber Deutscher Akademischer Austauschdienst e. V. German Academic Exchange Service Kennedyallee 50, D – 53175 Bonn Tel.: +49 228 882-0, Fax: +49 228 882-444 postmaster@daad.de www.daad.de Vertretungsberechtigter Vorstand: Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee Registergericht Bonn, Registernummer VR 2107, Umsatzsteuer-IdNr.: DE122276332 Verantwortlicher i.S.v. § 18 Abs. 2 MStV: Dr. Kai Sicks, Kennedyallee 50, 53175 Bonn Verantwortliche i.S.d.P.: Dr. Ursula Paintner Referat Geschäftsstelle GATE-Germany und Marketing-Wissen www.gate-germany.de Projektkoordination Stephanie Stromeyer, PhD (verantwortlich), Marie Buchta (Projektleitung) Fachliche Beratung Katharina McGrath (DAAD Australien) Verlag Fazit Communication GmbH Pariser Straße 1, 60486 Frankfurt Redaktion Janet Schayan (verantwortlich), Clara Krug (Projektmanagement), Dr. Sabine Giehle (fr) Art Direktion Prof. Anke Stache (fr) Titelfoto Shutterstock/Taras Vyshnya Druck msk marketingservice köln GmbH Bischofsweg 48–50, 50969 Köln Auflage 4.000 Redaktionsschluss Dezember 2022 © DAAD Nachdruck und Verwendung in elektronischen Systemen, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den DAAD. Diese Publikation ist produziert auf 100 % Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel – 12/2019. Diese Publikation erscheint im Rahmen des Konsortiums für Internationales Hochschulmarketing – GATE-Germany, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

AUF EINEN BLICK z n O o t i t / k c o t S I Australien Offizielle Staatsbezeichnung Australien 1 Politisches System Parlamentarisch-demokratische Monarchie im Commonwealth of Nations 2 Staatsoberhaupt König Charles III. (seit 2022), vertreten durch seine Exzellenz General a. D. David Hurley AC DSC, Generalgouverneur des australischen Commonwealth (seit 2019) 3 Regierungschef Premierminister Anthony Albanese (seit Mai 2022) 4 Parlament Zwei Kammern (Senat sowie Repräsentantenhaus) und König, vertreten durch den Generalgouverneur des australischen Commonwealth. Der Senat besteht aus 76 Senatoren (je 12 aus je­ dem der sechs Bundesstaaten und je zwei aus den beiden Bundes­ territorien). Sie werden für sechs Jahre gewählt. Das Repräsentanten- haus hat zurzeit 151 Mitglieder; die Parteien, die die Mehrheit haben, stellen die Regierung. Wahlen finden alle drei Jahre statt. 5 Fraktionen Australian Labor Party (77 Sitze), Liberal Party of Australia (27), Liberal National Party of Queensland (21), The Nationals (10), Australian Greens (4), Centre Alliance (1), Katter's Australian Party (1), Unabhängige (10) 6 Letzte Parlamentswahl Mai 2022 7 Hauptstadt Canberra (455.000 Einwohner, 2021) 8 Administrative Unterteilungen sechs Bundesstaaten (states) und zwei Bundesterritorien (mainland territories), sieben Außengebiete (external territories) sowie Jervis Bay Territory als Commonwealth Territory 9 Landessprache Englisch 10 Währung Australischer Dollar (AUD) 11 Landfläche 7.692.020 qkm 12 Einwohnerzahl 25,7 Mio. (2021) 13 Human Development Index Rang 5 (von 191) 14 Bruttonationaleinkommen pro Kopf 56.760 US-$ (2021) 15 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 59.934 US-$ (2021) 16 Geburtenrate 1,58 Geburten pro Frau (2020) 17 Demografische Struktur 0–14 Jahre: 19,3 %; 15–64 Jahre: 64,2 %; älter als 65 Jahre: 16,5 % (2021) 18 Lebenserwartung 83,2 Jahre; Männer 81,2, Frauen 85 (2020) 19 Religionsgruppen Christen: 43,9 %; Atheisten, Nicht Religiöse: 38,9 %; Muslime: 3,2 %; Hindus 2,7 %; Buddhisten 2,0 %; andere 1,7 %; ohne Angaben 6,9 % (Zensus 2021) 20 Quellen: 1–3 Auswärtiges Amt, 4–6 Parliament of Australia, 7 Australian Electoral Commission, 8 Australian Bureau of Statistics, 9–10 Australian Government, 11 Deutsche Bundesbank, 12–13 WDI 2021, 14 Vereinte Nationen/HDI Indicators 2022, 15–19 WDI, 20 Australian Bureau of Statistics Auf dem Capital Hill in Australiens Hauptstadt Canberra befindet sich der Sitz des Australischen Parlaments.

06 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN STIMMEN Deutsch-australische Begegnungen Michael Rosemann Australien und Deutschland sind ideale Wissenschaftspartner. Beide Länder äh- neln sich in ihrem Regel- und Wertesys- tem. Der natürliche Ressourcenreich- tum, eine multikulturelle, digital aufgeschlossene Gesellschaft und welt- weit führende Kompetenzen in diversen wissenschaftlichen Disziplinen machen Australien zu einem hochattraktiven Partnerland – sowohl für einen Studien- besuch als auch für langfristige For- schungskooperationen. Das Australia- Germany Research Network und der jährlich stattfindende German-Australi- an Science and Innovation Day sind wertvolle Foren für interessierte For- schende beider Länder. In unserer digi- talen Welt sind geografische Distanzen kein Nachteil mehr, und Australiens At- traktivität in Themenfeldern wie erneu- erbare Energien, Medizin-, Bergbau- oder Agrartechnik sind schon heute die Grundlage für erfolgreiche deutsch-aus- tralische Kooperationen. PROF. DR. MICHAEL ROSEMANN ist Direktor des Centre for Future Enterprise und Professor für Wirtschaftsinformatik an der Queensland University of Technology in Brisbane sowie Ho- norarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Brisbane. Catriona Jackson Die Beziehung zwischen Deutschland und Australien geht auf eine lange Tra- dition zurück, sie beruht auf einem starken Fundament gemeinsamer Werte und Interessen. In Wissenschaft und Forschung arbeiten beide Länder auf sehr hohem Niveau. Die fast 600 akademischen Vereinbarungen zwi- schen deutschen und australischen Hochschulen sowie die Vielzahl ge- meinsamer Projekte, die Forschende beider Länder aus eigenem Antrieb ini- tiiert haben, sind bemerkenswert. Die einzigartige Partnerschaft zwi- schen Universities Australia und dem Deutschen Akademischen Austausch- dienst eröffnet vielen australischen Forschenden die Möglichkeit, die Zu- sammenarbeit mit ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen zu vertiefen, und führt zu herausragenden globalen Wissenschaftskooperationen. CATRIONA JACKSON ist Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied des australischen Hoch- schulverbands Universities Australia. Jessica Gallagher Auf den Forschungsagenden Australi- ens und Deutschlands stehen einige gemeinsame Themen im Fokus, zum Beispiel erneuerbare Energien, Nach- haltigkeit, Bioökonomie und innovati- ve Fertigung. Gesellschaftspolitisch liegt ein wesentlicher Fokus beider Länder auf dem gleichberechtigten Zu- gang zu Bildung. Ob Studierendenaus- tausch, Joint-PhD- oder Gastforscher- programme: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zu kooperieren und auf diese Weise auch die bilateralen Bezie- hungen zu stärken. Ich selbst habe über die Darstellung türkischstämmi- ger Einwanderer im zeitgenössischen deutsch-türkischen Kino promoviert. Sowohl in Deutschland als auch in Australien prägt der Multikulturalis- mus die Gesellschaft. Ich fand es sehr spannend zu erforschen, wie sich Kul- turschaffende in Deutschland mit dem Thema beschäftigen. Überhaupt sind Menschen in Deutschland oft sehr inte- ressiert an anderen Kulturen und reisen gern – diese Leidenschaft teilen sie mit vielen Australierinnen und Australiern. DR. JESSICA GALLAGHER ist stellvertretende Vizekanzlerin der University of Adelaide. Während ihres Studiums hat sie Gastaufent- halte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Freien Universität Berlin verbracht. r i v at p n i v e rsities Australia U n i v e rsity of Adelaide U

8 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN o t o h p t i s a r P / s e g a m I y t t e G Die neue australische Regierung verfolgt ehrgeizige Klimaziele. Vor allem in der städtischen Bevölkerung findet diese Politik Anklang.

10 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN d n a l s n e e u Q t n e m t s e v n I d n a e d a r T Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft: Im Mai 2022 reiste Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Australien. Mit Cameron Dick, Minister für Handel und Investitionen des australischen Bundesstaats Queensland, unter- zeichnete sie eine Vereinbarung zur Stärkung der gemeinsamen Bioökonomie-Forschung. haben ihren Anteil daran, dass das Vertrauen der austra- lischen Bevölkerung in die Politik laut Umfragen ver- gleichsweise niedrig ist. 151 Mitglieder hat zurzeit das Re- präsentantenhaus. Es ist eine der beiden Kammern des aus- tralischen Parlaments. Die Par- teien, die im Repräsentanten- haus die Mehrheit haben, stellen die Regierung. Die zwei- te Kammer ist der Senat, beste- hend aus 76 Senatoren (je 12 aus jedem der sechs Bundes- staaten und je zwei aus den beiden Bundesterritorien). derheit machte bei Demonstrationen gegen Impfmandate ihrem Ärger über die strengen Corona-Maßnahmen Luft. Insgesamt ist das Land aber vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen. Nach einer kurzen Phase der Rezession im ersten Halbjahr 2020 kann sich Austra- lien seines anhaltenden Wohlstands erfreuen. Das Land profitiere im Grunde noch immer von dem Bergbauboom, der in den 1960er-Jahren begonnen und ihm damals die Bezeichnung als „Lucky Country“ eingebracht hatte, sagt der Historiker Bongiorno. Viele Men- schen bekommen allerdings auch zu spüren, dass die Rahmenbedingungen heute andere sind. Hohe Immobilien- preise und Lebenshaltungskosten ma- chen vor allem Familien in den Vororten zu schaffen. Soziale Fragen sind wieder stärker ins Zentrum gerückt. Davon pro- fitiert die sozialdemokratische Australi- an Labor Party, die bei der Parlaments- wahl im Mai 2022 unter Anthony Albanese die absolute Mehrheit erreichte und nach neun Jahren eine Rückkehr in die Regierung feierte. DISKUSSION ÜBER DEN KLIMAWANDEL Viele Wählerinnen und Wähler hatten zu dem Zeitpunkt das Vertrauen in Pre- mierminister Scott Morrison und seine Koalition aus Li- beral Party of Australia und National Party of Australia verloren. Sie nahmen ihn als nicht glaubwürdig, als macho- haft bis hin zu frauenfeindlich und in der Klimapolitik als zu zurückhaltend wahr. Auch der Pandemiebonus ging schließlich verloren, nachdem das nationale Impf- programm nur zögerlich gestartet war. Die wiederholten Wechsel an der Spitze der Regierung in den Jahren zuvor Im Zuge dieser Turbulenzen hatte sich vor allem der Kli- mawandel als ein politisch schwieriges Thema erwiesen. Wie in kaum einem anderen Land stritten die Menschen in Australien über die Ursachen, die Folgen und den rich- tigen Umgang mit der Erderwärmung – denn der Konti- nent ist heute schon stark betroffen: In kurzen Abständen vermeldeten die zu- ständigen Behörden neben den Busch- feuern auch Dürren, Überschwemmun- gen und Korallenbleichen am Great Barrier Reef. Wie eine Walze war das Feuer von Juni 2019 bis März 2020 durch den Busch gegangen, hatte Hunderte Häuser zerstört und den Tod von Milliar- den von Tieren verursacht. Das Land bleibt entlang der Klimafrage gespalten. Professor Paul Williams, Poli- tikwissenschaftler an der Griffith Uni- versity in Queensland, erläutert: „Der Einfachheit halber kann man sagen, dass es heute zwei Lager in Australien gibt.“ Auf der einen Seite wünsche sich eine wohlhabende, liberale, weltoffene, meist in den Innen- städten lebende Bevölkerung eine ehrgeizige Klimapoli- tik, für die sie auch bereit sei, etwaige Kosten auf sich zu nehmen. Die Menschen in den Vororten, in den ländli- chen Regionen und im „Outback“ akzeptierten zwar auch immer mehr, dass der Klimawandel ein Problem ist. Für viele von ihnen sei es aber wichtiger, dass sie einen Job und ein sicheres Einkommen haben.

12 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN Für den Aufbau der australischen Wasserstoffwirtschaft spielt die Forschung in diesem Bereich eine zentrale Rolle und wird entsprechend gefördert. WIRTSCHAFT Glücklicher Kontinent Die australische Wirtschaft profitiert stark von den Bodenschätzen des riesigen Landes. Die neue Regierung steuert dabei gegen den Klimawandel und sucht die Annäherung an Deutschland. von Christoph Hein Wer Australien das erste Mal besucht, steht zu Beginn seiner Reise meist an der Bucht von Sydney, sieht rechts das Opernhaus und links die Hafenbrücke. Eine Aussicht, die auf der Welt ihresgleichen sucht. Um das „Lucky Country“ – wie der Fünfte Kontinent mit Blick auf seine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung seit den 1960er-Jahren häufig genannt wird – zu verstehen, gäbe es freilich noch andere beeindruckende Schauplätze. Port Hedland wäre ein solcher, der Hafen hoch im Norden des Rohstoffgebietes Pilbara. Von hier legen die Frachter ab, die jährlich Hunderte Millionen Tonnen Erz oder Kohle nach Nordasien bringen. Zwar steht die Roh stoff- industrie derzeit nur für rund 11 Prozent der Brutto- wertschöpfung der fünftgrößten Volkswirtschaft des asi- atisch-pazifischen Raums – Australiens Wirtschaft wird vom Dienstleistungssektor dominiert. Doch liegt fast ein Drittel der weltweiten Erzreserven auf dem Kontinent. Immer interessanter werden auch die Lagerstätten von Batterierohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt, Kupfer oder Graphit. Bei Seltenen Erden will sich Australien als alternativer Anbieter zu China etablieren und damit – wie bei groß angelegten Zukunftsprojekten im Bereich Was- serstoff – ein enger Partner Deutschlands werden. Das Gewicht des Rohstoffsektors kann kaum überschätzt werden. An ihm hängen zwei Drittel des Exportvolu- mens. Das Industrieministerium rechnet mit einem Ex- portwert für Bodenschätze von 450 Milliarden Australi- schen Dollar (294 Milliarden Euro) im Fiskaljahr 2022/2023. Dabei hatte Australien erst vor fünf Jahren DEUTSCH-AUSTRALISCHE WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN Außenhandel 3 Mrd. € DEUTSCHE EINFUHR -1,4 %* 8,5 Mrd. € DEUTSCHE AUSFUHR -8 %* e n i v e y e / y c n e g A s w e N a u h n i X / f i a l die 200-Milliarden-Dollar-Hürde genommen. Mit ihrer ständigen Nachfrage nach – auch deutschen – Maschi- nen und Anlagen, mit ihrem Bedarf an Ingenieurdienst- leistungen, Versicherungen, Finanzierungen, Börsen- gängen und der Steuerung von Übernahmen strahlt die Branche weit ab. Die hohen Steuer- und Lizenzeinnah- men verschaffen der jeweiligen Regierung zudem Luft für Investitionen. UMDENKEN BEIM KLIMASCHUTZ Der Umgang mit dem Rohstoffreichtum war indessen auch eines der entscheidenden Wahlkampfthemen der letzten Parlamentswahlen im Frühjahr 2022. Australien exportierte 2021 erneut die weltweit größte Menge an Kohle, der Ausstoß von CO2-Emissionen pro Kopf gehört ebenfalls zu den höchsten der Welt. Die Labor-Partei versprach einen Kurswechsel in der Klimapolitik und erlangte erstmals seit fast zehn Jahren wieder einen Wahlsieg. Nach seinem Amtsantritt kündigte Minister- präsident Anthony Albanese an, den Ausstoß von Treib- hausgas bis 2030 um mindestens 43 Prozent der Werte von 2005 zu verringern. Erneuerbare Energien sollen bis dahin gut 80 Prozent des Netzes bestimmen, 2021 be- trug ihr Anteil knapp 27 Prozent. Bis 2050 soll Australi- en die Klimaneutralität erreichen. Auch will Albanese das produzierende Gewerbe wieder im Land ansiedeln. Australien fördert das meiste Erz der Welt vor Brasilien und China, hat aber nur zwei Stahl- schmelzen. Der Anteil der verarbeitenden Indus trie an der gesamten Wertschöpfung war von rund 15 Prozent im Jahr 1990 auf nur noch 6 Prozent geschrumpft. Hel- fen könnte nun die risikofreudige Gründerszene, die in diversen Bereichen aktiv und innovativ ist, etwa in der Agrarwirtschaft: Die teils riesigen Farmen werden im- mer öfter digital gesteuert. Rindfleisch ist eines der land- wirtschaftlichen Hauptexportprodukte Australiens und wird vor allem nach Asien verkauft. Weltweit ist der rote Kontinent der zweitgrößte Exporteur von Rindfleisch und der viertgrößte von Wein. Australien war 2020 der wichtigste Abnehmer deutscher Expor- te in Südostasien-Ozeanien. Die wichtigsten Importprodukte aus Deutschland sind unter anderen Pkw und Arzneiwaren. 2020, Quelle: destatis; *Veränderung gegenüber 2019 WIRTSCHAFTSFAKTOR ZUWANDERUNG Vor allem in den australischen Städten pulsiert die Wirt- schaft. Und das auch dank der Zuwanderung, insbeson- dere aus asiatischen Ländern. Zwar gelten in dem multi-

14 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN HOCHSCHULE Renommierte Hochschullandschaft Bildung ist eines der wichtigsten Exportgüter Australiens, auch deshalb spielt die Internationalisierung für Hochschulen eine zentrale Rolle. Forschung und Lehre australischer Universitäten sind weltweit angesehen. von Katharina McGrath

16 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN Fachrichtung ab. Studierenden mit einem CSP steht zu- dem das Higher Education Loan Program (HELP), früher bekannt als HECS, zur Verfügung: Sie können ein HELP- Darlehen in Anspruch nehmen, um ihre Studiengebüh- ren zu finanzieren. Zurückzahlen müssen sie es erst, sobald ihr späteres Jahresbruttoeinkommen die soge- nannte Rückzahlungsschwelle übersteigt. HELP soll mehr Chancengleichheit schaffen und hat bisher Millio- nen von Australierinnen und Australiern den Zugang zur Hochschulbildung ermöglicht, unabhängig von ihrem persönlichen finanziellen Hintergrund. 43 Einen großen Einschnitt für die Hochschulfinanzierung bedeuteten die Auswirkungen der Coronapandemie. In- ternationale Studierende an australischen Hochschulen zahlen für ihr Studium hohe Gebühren. Mit Beginn der Pandemie brach der inter- nationale Bildungssektor ein und zog deutliche finanzielle Einschnitte bei den australi- schen Hochschulen nach sich. Dies führte zu Personal- kürzungen im akademischen und administrativen Bereich. Hochwertige digitale Studi- enangebote und damit zum Teil die Fokussierung auf eine „Internationalisation at Home“ waren Lösungsansät- ze, die die Auswirkungen der Pandemie abfederten – wenn auch nur in begrenztem Rahmen. finanziert. Universitäten gibt es insgesamt in Australien. Bei fünf davon handelt es sich um private Einrichtungen. Die anderen 38 Universitäten sind, zumindest teilweise, staatlich KOOPERATIONEN MIT DER INDUSTRIE Die Gesamtausgaben der australischen Regierung für Hochschulbildung (einschließlich Forschung) haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten fast verdrei- facht: von umgerechnet 4,5 Milliarden Euro im Jahr 1989 auf umgerechnet 13,2 Milliarden Euro in den Jah- ren 2020 bis 2021. Aktuell nehmen staatliche finanzielle Anreize vor allem die Zusammenarbeit zwischen For- schung und Industrie in den Blick. So werden Studien- plätze für Promovierende, die ein mindestens drei Mo- nate dauerndes Industriepraktikum absolvieren, mit zusätzlich umgerechnet fast 20.000 Euro bezuschusst. Auch das Trailblazer Universities Program (2022/2023 bis 2025/2026) fördert den Aufbau neuer Forschungska- pazitäten, den Transfer hin zur Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen sowie neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Industrie. Besonders forschungsstark sind die Universitäten, die sich in der sogenannten Group of Eight (Go8) zusam- mengeschlossen haben. Mitglieder sind die University of Melbourne, die Australian National University, die University of Sydney, die University of Queensland, die University of Western Australia, die University of Ade- laide, die Monash University und die University of New South Wales. Einen Fokus auf Entrepreneurship sowie Forschung in den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft n n a m e s r e V s l i N / k c o t S I Attraktives Studienangebot, hervorragende Bedingungen: Australische Hochschulen bieten internationalen Studierenden außergewöhnliche Möglichkeiten. setzen die sieben Mitglieder des Australian Technology Network, an dem unter anderen die Curtin University, die University of Newcastle und die University of South Australia beteiligt sind. INTERNATIONAL AKTIV Bildung ist der drittgrößte Exportfaktor für die australi- sche Wirtschaft. Die Internationalisierung der Hochschu- len ist allein aus Finanzierungsgründen ein wichtiges Thema, weil rund 30 Prozent aller Studierenden an aus- tralischen Hochschulen aus dem Ausland stammen – da- mit zählt Australien zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an internationalen Studierenden weltweit. Die Uni- versitäten rekrutieren zudem aktiv und erfolgreich inter- national hochrangige Forschende, auch gestützt durch Visumsinitiativen wie das „Global Talent Visa Program “. Mehrere australische Universitäten haben Standorte im Ausland: Die Curtin University in Perth beispielweise be- treibt Ableger in Malaysia, Singapur, Dubai und Mauriti- us, die Monash University ist mit einem eigenen Lehr- und Forschungszentrum in der italienischen Stadt Prato präsent und kann somit EU-Fördermittel beantragen. Internationalisierung wird an australi- schen Hochschulen in der Regel sehr stra- tegisch vorangetrieben. Oft sind bevor- zugte Partner im Ausland definiert, mit denen universitätsweit verstärkt zusam- mengearbeitet werden soll. Auch deut- sche Institutionen finden sich in diesen Strategiepapieren zahlreich wieder, das Interesse an Kooperation mit verlässli- chen Partnern ist vor allem auf For- schungsebene groß. // A D A D AUTORIN KATHARINA MCGRATH leitet das DAAD- Informationszentrum in Sydney.

18 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN P n alacios acio es/Ig ettyIm g a G HOCHSCHULE „Herausragende Qualität der Lehre“ Expertinnen und Experten mit langjährigen Erfahrungen im Austausch zwischen Deutschland und Australien geben Einblicke in ihre Arbeit und Tipps für erfolgreiche Kooperationen. Protokolle Miriam Hoffmeyer PROF. DR. ANJA SCHWARZ lehrt Cultural Studies am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Potsdam. Australische Hochschulen sind sehr divers, innovativ und beweglich. Weil sie sich selbst finanzieren, können sie oft viel schneller Entschei- dungen treffen als deutsche Hochschulen, auch über internationale Kooperationen. Diese Beweglichkeit hat allerdings eine Kehrseite, die sich besonders in der Pandemie gezeigt hat: Als die Hochschulbudgets einbrachen, wurden viele Stellen nicht verlängert. Aber auch in nor- malen Zeiten wechseln australische Lehrende sehr häufig die Stelle, was für Kooperationen ein gewisser Unsicherheitsfaktor sein kann. Die herausragende Qualität der Lehre in Australien hat mich schon während des Studiums beeindruckt: 1999 war ich als Austauschstu- dentin in Brisbane, später habe ich meine Masterarbeit als DAAD- Stipendiatin im Rahmen eines Gastaufenthaltes an der University of Melbourne geschrieben. Auch als Nachwuchswissenschaftlerin habe ich immer wieder mit australischen Forschenden zusammengearbei- tet. Seit 2010 lehre ich an der Universität Potsdam, seither habe ich sechs DAAD-geförderte gemeinsame Forschungsprojekte mit ver- schiedenen australischen Hochschulen aufgebaut. Zu den Themen gehörten unter anderem die Rolle deutschsprachiger „Entdecker“ und Siedler in der australischen Kolonialgeschichte. Einer meiner For- schungsschwerpunkte sind die Sammlungen und Aufzeichnungen deutscher Naturforschender und deren Beziehung zur indigenen Kul- tur Australiens. Aktuell leite ich gemeinsam mit Dr. Eva Bischoff von der Universität Trier das Projekt „Berlin’s Australian Archive“, an dem insgesamt fünf Museen beider Länder beteiligt sind. Seit 2019 bilden die Universität Potsdam und die University of Melbourne gemeinsam Doktorandinnen und Doktoranden in einem strukturierten Pro- gramm aus. An solchen gemeinsamen Promotionsprogrammen sind australische Hochschulen besonders interessiert, weil sie dafür staatli- che Förderung erhalten können. Das Format hat viele Vorteile: Man lernt einander gut kennen, holt den wissenschaftlichen Nachwuchs hinzu und schafft eine Vertrauensbasis, auf der sich dann weitere Ko- operationen aufbauen lassen. r o t Thomas Vic MEIN TIPP Wer Kontakte zu australischen Forschenden knüpfen möchte, kann sich an die Abteilung Science and Innovation der deutschen Botschaft in Canberra wenden, die gemeinsam mit der australischen Botschaft in Berlin das Australia-Germany Research Network (AGRN) betreut. Das ist eine große Community, zu der auch eine gemeinsame LinkedIn-Gruppe gehört.

20 // LÄNDERPROFIL 20 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN AUSTRALIEN MEIN TIPP Bürokratische Hürden für gemeinsame Promo- tionsprogramme lassen sich fast immer überwinden, wenn die Lehrenden auf beiden Seiten einander vertrauen und wirklich hinter der Idee stehen. Auch für gemeinsame deutsch-australische Bachelor- und Masterprogramme gibt es noch viel Potenzial. Dafür braucht es wegen der Unter- schiede in der Hochschulfinanzierung die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. M a c q u arie U niversity PROF. EM. DR. MARTINA MÖLLERING war bis Juli 2022 Dekanin der geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Macquarie University (MQ) in Sydney. 1991 bin ich für mein Masterstudium der Linguistik an die Macquarie University gekommen, deren Forschung in der Angewandten Linguis- tik schon damals weltweit renommiert war. Ich hatte unter anderem Deutsch als Zweitsprache studiert und wollte neben dem Studium als Tutorin unterrichten. Als mir die Deutschabteilung dann gleich eine Stelle angeboten hat, habe ich das Master- und danach mein PhD- Studium in Teilzeit absolviert. Am Ende bin ich 31 Jahre an der Mac- quarie geblieben! Vor allem, weil es dort immer viel Raum für die Umsetzung neuer Ideen gab. 1999 wurde ich Leiterin der Deutschab- teilung und bekam die Möglichkeit, Austauschprogramme mit deut- schen Hochschulen anzubahnen, unter anderem mit der Justus-Lie- big-Universität (JLU) Gießen und der Universität Duisburg-Essen. Meine alten Kontakte haben mir dabei sehr geholfen. Allerdings woll- ten viel mehr deutsche als australische Studierende teilnehmen, da die Zahl der deutschen Anglistikstudierenden deutlich größer ist als die der australischen Germanistikstudierenden. Wir konnten eine pragmatische Lösung finden: Einige unserer deutschen Hochschul- partner veranstalten Sommerschulen, an denen pro Jahr rund 30 Stu- dierende der MQ teilnehmen. Dieses Angebot funktioniert sehr gut. Im Gegenzug gehen etwa zehn Studierende aus Deutschland für ein ganzes Semester nach Sydney. Internationale Beziehungen in alle Richtungen aufzubauen und zu pflegen habe ich während meiner Laufbahn als Leiterin der Sprachab- teilung, Prodekanin und Dekanin der geistes- und sozialwissenschaft- lichen Fakultät immer als besonders spannenden Teil meiner Arbeit empfunden. Wenn junge Menschen die Chance haben, im Ausland andere Lebens- und Arbeitsweisen kennenzulernen, fördert das Inno- vationen auf beiden Seiten. Im Laufe der Jahre ist die Zusammenar- beit mit Deutschland enger geworden. So gibt es heute eine Reihe von Joint-Degree- und Cotutelle-Promotionsprogrammen, unter anderem mit der JLU und der Universität Hamburg. Auch für die Lehrenden ist das eine tolle Chance, wissenschaftlich enger zusammenzuarbeiten. P n alacios acio es/Ig ettyIm g a G

22 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN g N i a k k o K / k c o t S I y t o a t / k c o t S I HOCHSCHULE Attraktives Partnerland Australische Hochschulen und Wissenschafts- institutionen ziehen Studierende und Forschende aus aller Welt an. Um die Mobilität auch in die andere Richtung weiter zu erhöhen, sollten deutsche Hochschulen gezieltes Marketing betreiben. von Katharina McGrath Australien ist für viele internationale Studieren- de ein Traumziel für ein Austauschsemester oder Auslandsstudium – und das aus gutem Grund: Neben malerischen Stränden, unbe- rührter Natur, berühmten Weltstädten und exotischen Tieren bietet das Land ein hochqualitatives und auf ausländische Studierende zugeschnittenes Hochschulsys- tem. Insbesondere in den Bereichen Geo-, Meeres-, Polar-, Klima- und Agrarwissenschaften sowie Gesund- heit, Medizintechnik, erneuerbare Energien und Quan- tentechnologien sorgen Australiens geografische Lage und natürliche Ressourcen zusätzlich für teils einmalige Bedingungen für Forschende und Studierende. FORSCHUNGSKOOPERATIONEN IM FOKUS Für deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist der fünfte Kontinent somit ein hochattraktiver Koopera- tionspartner. Aktuell zählt der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz 568 offizielle Vereinbarun- gen zwischen deutschen Hochschulen und australischen Partnern. Zu den australischen Universitäten mit den meis- ten eingetragenen Kooperationen gehören demnach die University of the Sunshine Coast, die University of Techno- logy Sydney und die University of New South Wales. Das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und dem australischen Hochschulverband Universities Australia ini- tiierte Australia-Germany Joint Research Cooperation Scheme, das seit 2014 gemeinsame Forschungsvorhaben fördert, verzeichnet kontinuierlich hohe Antragszahlen. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert meh- rere internationale Graduiertenkollegs zwischen deutschen und australischen Universitäten. Die außeruniversitären deutschen Forschungseinrichtun- gen arbeiten ebenfalls eng mit Partnern in Australien zu- sammen. Die Max-Planck-Gesellschaft beispielsweise ist am Square Kilometre Array Observatory beteiligt, für das in Australien eins der größten Radioteleskope der Welt gebaut wird. Mit der Eröffnung des Max Planck Queensland Centre (MPQC) Anfang 2022 hat die Forschungsorganisation ihren Fokus auf Kooperationen mit Australien zusätzlich gestärkt.

24 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN FORSCHUNG Ehrgeizige Ziele in der Wissenschaft Australien betreibt marktorientierte Spitzenforschung – etwa in der Medizin, im Energiebereich oder in der Bioökonomie. Die Grundlagenforschung spielt dabei eine geringere Rolle als in Deutschland. von Barbara Barkhausen Ende August 2022 spendete Geoffrey Cumming fast 170 Millionen Euro für die medizinische For- schung in Australien. Es war eine der größten Spenden dieser Art in der australischen Ge- schichte. Der Unternehmer finanziert mit den Geldern ein globales Therapiezentrum in Melbourne, das – wie er sagte – die Welt vor der nächsten Pandemie schützen soll. Die Spende fällt auf fruchtbaren Boden. Bei der biomedizi- nischen Forschung könne Australien in der Weltliga mit- spielen, berichtet Professor Alexander Maier. Der deutsche Biologe lehrt und forscht inzwischen an der Australian Na- tional University in Canberra, doch seine Anfänge am Wal- ter and Eliza Hall Institute of Medical Research (WEHI) in Melbourne sind ihm bis heute in Erinnerung geblieben. „Ich ging damals nach Melbourne, weil die dortige Mala- riaforschung weltweit führend war und ist“, sagt er. Auf der Medizinforschung liegt ein besonderer Schwer- punkt australischer Wissenschaftseinrichtungen. Das WEHI genießt international großes Ansehen, auch das Garvan Institute of Medical Research in Sydney, das Bur- net Institute in Melbourne und viele weitere medizinische Institute erzielen regelmäßig Forschungsdurchbrüche. täre Forschung im nichtmedizinischen Bereich ist das Australian Research Council (ARC). Es verwaltet unter anderem das National Competitive Grants Program mit einem Fördervolumen von etwa 510 Millionen Euro im Jahr 2020/2021. Für die medizinische Forschungsförde- rung zuständig ist das National Health and Medical Re- search Council (NHMRC). Pro Jahr steht ihm ein Fördervo- lumen von umgerechnet ungefähr 530 Millionen Euro zur Verfügung. k c o t S l o S / k c o t S I FOKUS AUF ANGEWANDTE FORSCHUNG Das größte Budget für Forschung und Entwicklung wen- den in Australien Unternehmen auf. Zwischen 2019 und 2020 lagen ihre Forschungsausgaben bei umgerechnet mehr als 11 Milliarden Euro, den höchsten Anteil daran tä- tigten mit 39 Prozent Unternehmen aus dem IT-Bereich. Die australischen Hochschulen gaben im selben Zeitraum umgerechnet knapp 8 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus, wovon mehr als die Hälfte auf ange- wandte Forschung entfiel. Auch auf politischer Ebene wird die angewandte Forschung an Hochschulen gestärkt. Be- reits seit 2018 hängt die Höhe der Forschungsmittel des Bildungsministeriums für die Universitäten davon ab, wel- che wirtschaftliche Relevanz die Forschung hat und wie intensiv sie mit der Industrie zusammenarbeiten. Insgesamt gibt es in Australien mehr als 100 außeruniver- sitäre Forschungsinstitute. Eine bedeutende Rolle spielen zudem einige regierungseigene Forschungsorganisatio- nen, die an die zuständigen Ministeri- en angegliedert sind, so etwa die Com- monwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), Geos- cience Australia, die Australian Nuc- lear Science and Technology Organisa- tion (ANSTO) oder das Australian Institute of Marine Science (AIMS). Die CSIRO fungiert als wichtigste australi- sche Forschungsorganisation. Sie verfügt über ein breites, anwendungsorientiertes Forschungsfeld und erhält den größten Anteil der staatlichen Mittel für Forschung und Entwicklung – acht Prozent zwischen 2021 und 2022. Auch die australischen Universitäten spielen eine bedeu- tende Rolle für die Forschungserfolge des Landes (siehe Seite 14–16). Die zentrale Fördereinrichtung für universi- Überhaupt spielen Kommerzialisierung und Selbstfinan- zierung in der australischen Forschungslandschaft eine deutlich größere Rolle als in Deutsch- land. Insofern sind Spenden wie die von Geoffrey Cumming höchst willkom- men. Die staatlichen Forschungsausga- ben werden nach Angaben des australi- schen Parlaments für den Zeitraum 2021 bis 2022 auf nur rund 0,56 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt. Im Geschäftsjahr 2021/2022 investierte die australische Regierung 11,8 Milliarden Australische Dollar (fast acht Milliarden Euro) und sparte damit 180 Millionen im Vergleich zum Vorjahr ein. „Die staatliche Unterstützung im australischen Forschungs- sektor ist ausbaufähig“, urteilt Christian Strowa, Leiter des Bereichs Wissen und Netzwerk beim Deutschen Akademi- 1,8 Prozent der Bruttoinlands- aufwendungen Australiens flossen laut Weltbank im Jahr 2019 in Forschung und Entwicklung.

26 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN KOOPERATIONEN Sechs gute Beispiele Bioökonomie, Batteriespeicher, digitalisierte Produktion, Medizin – Forschende aus Deutschland und Australien arbeiten in zahlreichen Projekten zusammen, die sich den zentralen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft widmen. von Miriam Hoffmeyer Die Fabrik der Zukunft gestalten Kohlefaser-Verbundwerkstoffe sind ein Forschungsschwer- punkt sowohl am Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart als auch am Manufacturing Futures Research Insti- tute der Swinburne University of Technology (SUT) in Mel- bourne. Die langjährige, auf persönlichen Kontakten basie- rende Zusammenarbeit zwischen den Instituten mündete 2017 in eine formelle Kooperation, zu der neben den beiden Hochschulen die ARENA2036 gehört. An diesem Forschungs- campus an der Universität Stuttgart sind zahlreiche Unter- nehmen beteiligt. „Auch das Themenspektrum unserer ge- meinsamen Forschung hat sich erweitert“, sagt Dr. Boris Eisenbart, Associate Professor an der SUT. So steht die digita- lisierte Produktion im Fokus dreier laufender, eng miteinan- der verzahnter Forschungsprojekte mit Industriepartnern aus Australien, Deutschland, Israel und Österreich. Ziel ist die Ent- wicklung digitaler Produktionsverfahren, um die hohen Kos- ten von Bauteilen aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen zu senken. Im Projekt I4Production entsteht ein „Kognitiver Digi- taler Zwilling“, der alle Teile eines Produktionssystems virtuell spiegeln soll. Im Projekt DIREKT werden unter anderem form- adaptive Werkzeuge entwickelt, die sich automatisch an digi- tale Modelle anpassen. Beide in Stuttgart angesiedelten For- Das neue Testlabor der Swinburne Univer- sity of Technology ist mit modernster Technik ausgestattet. t a v i r p t a v i r p Die Kooperationspartner in Stuttgart und in Melbourne arbeiten seit vielen Jahren gemeinsam an digitalen Produktionsverfahren. schungsprojekte werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Gegenstück an der SUT ist ein von der australischen Regierung finanziertes Global-Innovation- Linkages-Projekt. „Wir forschen über die digitale Verfolgung von Produktionsprozessen: Welche Daten aus den riesigen Datenmengen sind aussagekräftig, welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?“, erläutert Eisenbart. Im neuen Indust- rie-4.0-Testlabor der SUT, das im Juni 2021 in Betrieb ging, werden Kohlefaser-Verbundwerkstoffe in einem innovativen 3D-Druckverfahren hergestellt. In zwei weiteren Kooperati- onsprojekten entwickeln die beiden Hochschulen Bauteile für Lastendrohnen und Hüllen zur Verstärkung von Wasserstoff- Druckbehältern. Neben einem Austausch von Bachelor- und Masterstudieren- den umfasst die Kooperation auch ein Doppelpromotionspro- gramm mit fünf Teilnehmenden. Voraussetzung für die Zulas- sung ist ein Masterabschluss, in Australien seien jedoch „Honours“-Programme, die vom Bachelor-Abschluss in vier Jahren direkt zur Promotion führen, wesentlich beliebter, er- läutert Eisenbart: „In diesem Punkt würden wir uns noch fle- xiblere Lösungen wünschen. Ansonsten läuft die Zusammen- arbeit wunderbar.“ www.arena2036.de www.uni-stuttgart.de www.swinburne.edu.au

28 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN Flaggschiff-Partnerschaft Das nachhaltige Wirtschaftssystem der Zukunft soll auf biogenen statt auf fossilen Rohstoffen basieren. An der Technischen Universi- tät München (TUM) wie auch an der University of Queensland (UQ) in Brisbane gehört Biotechnologie deshalb zu den Forschungsschwer- punkten. Die Zusammenarbeit der beiden Hochschulen, die 2010 mit einem Partnerschafts- und Studierendenaustausch-Abkommen be- gann, wurde seither stark ausgeweitet und vertieft. „Bioökonomie ist ein Querschnittsthema. Deshalb sind auf unseren bilateralen Ta- gungen viele Kontakte zwischen Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen entstanden, von den Agrar-, Lebensmittel- und Umwelt- wissenschaften bis zur Energietechnik“, erläutert Professor Volker Sieber, Leiter des TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit. Daraus hätten sich wiederum gemeinsame For- schungsvorhaben entwickelt. „Am Ansatz der TUM, anwendungsnah in Zusammenarbeit mit Industriepartnern zu forschen, ist die UQ be- sonders interessiert.“ Aktuell sind Forschende der UQ unter anderem an der Entwicklung neuer Technologien zur Produktion von grünem Wasserstoff im internationalen Zukunftslabor REDEFINE Hydrogen Economy (H2E) an der TUM beteiligt. 2018 gründeten beide Hochschulen zusammen mit der brasiliani- schen Universidade Estadual Paulista (Unesp) in São Paulo die Global Bioeconomy Alliance. Das Hochschulnetzwerk, das regelmäßig Sym- posien und Workshops veranstaltet, soll bis Ende 2022 auf sieben Mitglieder wachsen. „Globaler Austausch ist gerade in der Bioökono- mie sehr wichtig, da jede Weltregion ihre eigenen Erfordernisse, Er- fahrungen und technologischen Entwicklungen hat“, sagt Sieber. 2021 schloss die TUM eine „Flaggschiff-Partnerschaft“ mit der UQ. Der Begriff bezeichnet strategische Partnerschaften, mit denen die TUM langjährige Kooperationen mit weltweit führenden Universitä- ten vertieft. Damit verbunden ist eine eigene, über die Exzellenzstra- tegie finanzierte hochschulinterne Förderlinie. Im Fokus der Flagg- schiff-Partnerschaft mit der UQ stehen Bioökonomie und Nachhaltigkeit, digitale Landwirtschaft und Lebensmittelwissen- schaften, Wasserstoff und grüne Energie sowie Medizin. Darüber hi- naus wollen die Hochschulen dem Austausch von Studierenden, Pro- movierenden, Lehrenden und Verwaltungsangestellten nach der pandemiebedingten Unterbrechung nun neuen Schwung verleihen. Neben dem schon bestehenden Doppelabschlussprogramm in Elek- trotechnik sind noch weitere vorgesehen. „Angesichts der langen Verhandlungen, die mit solchen Vorhaben verbunden sind, zeigen diese Pläne, wie groß das Interesse am Austausch ist“, sagt Sieber. Den Zeitunterschied zu Australien sieht der Chemiker sogar als Vor- teil: „Für die eine Seite beginnt der Arbeitstag gerade dann, wenn er auf der anderen Seite zu Ende geht – das macht die Terminfindung einfacher.“ Allgemein seien die Partner sehr flexibel: „Die australi- sche Gelassenheit ist nach meiner Erfahrung mit Ergebnisorientie- rung und großer Effizienz verbunden.“ www.uq.edu.au www.tum.de www.bioeconomy.world Feierliche Unterzeichnung: Das Abkommen zwischen der TU München und der University of Queensland stärkt Kooperationen in Bereichen wie Bioökonomie, digitale Landwirtschaft und grüne Energie. Zudem gibt es verschiedene Austauschprogramme. M U T , t r e k c E d i r t s A

30 // LÄNDERPROFIL AUSTRALIEN DER ANDERE BLICK Der australische Traum Das Leben in Australien gilt als entspannt. Doch wenn es um das Eigenheim geht, packt viele ein großer Ehrgeiz. von Julica Jungehülsing Zwischen Handtüchern, Flossen und Schwimm- brillen sitzen wir vor dem Beach-Café und trocknen in der Morgensonne. Mein Ozean- Schwimmteam redet über Quallen, 19 Grad Wassertemperatur und Wellen, trinkt Macchiato und Smoothies. Tim kommt verspätet zum Samstagstreff, strahlt aber trotzdem. Er streckt beide Daumen hoch und alles jubelt: „Congrats! Herzlichen Glückwunsch! Yeah!“ Ist er Vater geworden? Hat er im Lotto gewonnen? Nein: Unser Freund, 35 Jahre alt, hat gerade eine Wohnung ge- kauft. Er hat eine knappe Million Australische Dollar, umgerechnet gut 670.000 Euro, zu- sammengespart und -geliehen. Künftig darf er dafür ein Apartment ohne Meerblick, aber mit Garage sein Eigen nennen. In Sydney ist derlei ein Grund für Gratulationen. Tim wird fortan eine feiste Hypothek abzahlen und Urlaube streichen. Aber er hat eines der – vermeintlich wichtigs- ten – Lebensziele erreicht: eigene vier Wände. viel von wem ersteigert hat. Beim großstädtischen Dinner- Smalltalk fehlt das Thema ebenfalls selten. Australiens Steuergesetze und Finanzpolitik haben die Leidenschaft der Häuslekäufer lange gefördert. Doch in- zwischen sind Eigenheime für die nächste Generation fast unerschwinglich geworden. 1980 lag Melbournes mittlerer Hauspreis bei knapp über 40.000 Australischen Dollar, 2022 liegt er im Bundesstaat Victoria über 900.000. Bei Drinks auf einem Dachgarten im lässigen Stadtteil Fitzroy erzählen Freunde, sie hätten gleich ums Eck, im Zentrum von Australiens zweitgrößter Stadt, ein Studio gekauft – für den Nachwuchs. Ich falle fast vom Barho- cker: „Eure Tochter ist elf!“ Sicher ist sicher, grinsen die beiden und murmeln etwas vom „Fuß in der Tür“. Als meine Mutter mich besucht, bummeln wir durch ei- nen idyllischen Ort im hügeligen Hinterland. Sie staunt über die Mengen der „For Sale“-Schilder in den Vorgär- ten: Warum wollen denn hier alle weg, will sie wissen, stimmt mit dem Ort was nicht? Im Gegenteil, kläre ich auf, je mehr auf dem Markt ist, umso begehrter ist offen- bar die Gegend. Mehr als 60 Prozent der australischen Bevölkerung wohnt derzeit in den eigenen vier Wänden oder zahlt Immobilien ab (in Deutschland sind es 47 Prozent). Doch die Erfüllung des Traums wird härter. Mit einem durch- schnittlichen Gehalt konnte man in Australien 1984 ein Haus für etwa das Dreifache seines Jahreseinkommens kaufen, im Jahr 2022 ist das Zehnfa- che des Jahresverdiensts nötig. Folg- lich gehören mehr Menschen denn je zur unbeliebten Klasse der „Mieter“. p ri v at JULICA JUNGEHÜLSING lebt seit 2001 als freie Journalistin in Australien. Ihre Reportagen erschei- nen u. a. in Zeit Online, Geo, Merian, Der Freitag und Brigitte. Ihr Buch „Ein Jahr in Australien“ (2007) wurde 2016 neu aufge- legt. Nach Jahren als Mie- terin in Sydney wohnt sie jetzt in einer Cohousing- Siedlung an der Küste. Während manche sich in den USA vom Tel- lerwäscher zum Millionär träumen, handelt der „Great Australian Dream“ von Grundbe- sitz: Wer hart arbeitet, lebt eines Tages im eige- nen Heim. In den 1950er-Jahren erfüllte das Tausend-Quadratmeter-Grundstück mit Häus- chen und Garten diesen Traum vom Glück. Heute sind auch Großstadt-Schuhschachteln und Reihenhäuser okay. Was nicht heißt, dass diese Quartiere dann liebevoll ausgestattet sind und den Besitzern ans Herz wachsen – im Gegenteil: Als ich Tim das erste Mal besuche, sieht seine Bleibe fast aus wie am Tag der Auktion. „Viel- leicht mal die Küche streichen …?“, sagt er vage. Aber in ein paar Jahren gehe die Wohnung ja eh wieder auf den Markt – für mehr Geld natürlich. Kaufen, wertsteigernd verkau- fen, das nächste Objekt kaufen: Die eigene Wohnung ist für viele erstens Investition, zweitens Nationalsport und frü- hestens drittens ein Zuhause. In Klatschspalten australi- scher Tageszeitungen wird diskutiert, wer wo was für wie AUTORIN Auch meine erste australische Bleibe war gemietet: Eine 1,5-Zimmer-Wohnung in Bon- di Beach, einem Stadtteil, in dem zugewan- derte Nordeuropäer gerne aufschlagen: Hori- zont, Meer, Strand, viele Cafés, 35 Minuten per Bus in die City. Laufzeit des Vertrags wa- ren wie üblich sechs Monate. Dass ich keinen Nagel in die Wand schlagen durfte, fand ich absurd, und die Kündigungsfrist war unge- wohnt kurz. Aber im Eukalyptusbaum vor dem Fenster schwatzten Regenbogenpapagei- en und im Winter wärmte die Sonne durchs Nordfenster, mir gefiel’s. Meine Surffreundin Sam schüttelte missbilligend den Kopf: Ich solle bloß Plan B im Blick haben, sprich für das erste Eigentum spa- ren. Sie selbst zahlte mit drei Jobs ein ähnliches Apart- ment ab, kellnerte, schrieb tagsüber Werbetexte und fuhr nachts häufig Taxi. Zeit zum Wellenreiten blieb ihr kaum – aber sie war stolze Eigentümerin. Den mitleidig-bedau- ernden Kommentar „Oh, she’s renting …“ musste sie sich nie mehr anhören. // r o t u b i r t n o K / s e g a m I n o i t a c u d E

L Ä N D E R P R O F I L Informationen für das internationale Hochschulmarketing Die Publikationsreihe „Länderprofil“ bietet Hintergrundinformationen über internationale Hochschulmärkte. Sie unterstützt deutsche Hochschulen und universitäre Einrichtungen bei ihrem weltweiten Marketing, der Gewinnung internationaler Studierender und dem Aufbau von Hochschulkooperationen. LÄNDERPROFILE ONLINE www.gate-germany.de/laenderprofile