Campus-Apps: Mobile Informationen mit Marketingpotenzial
Autorin: Susanne Geu (27. Mai 2020)
Immer mehr Dinge werden heute mithilfe von Smartphone-Apps erledigt. Auch Hochschul-Apps sind bei den entsprechenden Zielgruppen beliebt. “Wir stehen mit unserer App im App-Store und wissen, dass die Studierenden aktiv danach suchen. Dass sie dann tatsächlich “ihre” Uni-App finden, vermittelt ihnen ein modernes und offenes Bild unserer Universität”, berichtet Courtney Peltzer-Hönicke, Leiterin der Abteilung Internationales an der Universität Hamburg.
Vielfältige App-Lösungen auf dem Markt verfügbar
Die UHH global App, die sich explizit an internationale Zielgruppen richtet, wurde nach einer Testphase im Mai 2018 live ausgerollt. Die Programmierung erfolgte durch einen externen Dienstleister. Layout und Konzept entstanden in Zusammenarbeit der Abteilungen “Internationales” und “Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit”. “Die Eigenentwicklung hat den Vorteil, dass wir nicht an jährliche Lizenzgebühren gebunden sind. Fehler, beispielsweise kaputte Links, werden mir in unserem Content-Management-System (CMS) angezeigt, über das wir die App auch inhaltlich füttern”, beschreibt Janine Fricke, Online-Redakteurin in der Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der Universität Hamburg, die Vorteile einer proprietären App-Lösung.
Wichtig war der Hochschule vor allem die Usability, also die Benutzerfreundlichkeit, der App. Die Auswahlmöglichkeit unterschiedlicher Nutzerprofile trägt maßgeblich dazu bei. “Prospective international students“, “current international students“, “prospective doctoral students“, “current doctoral students“, “scientists and scholars” sowie “guests and delegations” bekommen in der App auf sie zugeschnittene Informationen präsentiert, sodass alles übersichtlich bleibt.
Die International Student Services (ISS) der TU Darmstadt hingegen haben sich zunächst dafür entschieden, die App nicht selbst zu entwickeln, sondern eine Vorlage einzukaufen, deren Architektur auf die Zielgruppe der internationalen Studierenden angepasst werden konnte. “Die Entwicklung einer App hätte zu lange gedauert. Zunächst wollten wir eine schnelle Lösung für unsere Austauschstudierenden erproben, weil diese in einem kürzeren Zeitraum eine intensivere Betreuung brauchen als internationale Studierende, die ihr ganzes Studium bei uns absolvieren. In der ISS Web-App finden sie alle Informationen an einem Ort und müssen sich diese nicht aus unzähligen E-Mails zusammen suchen”, erklärt Benedetta Gennaro PhD, Leiterin des Sachgebiets Internationaler Studierendenservice und Integration von Geflüchteten der TU Darmstadt. Inzwischen richten sich die Inhalte der App an alle Studierenden aus dem Ausland. Seit Sommersemester 2019 können sie die App der International Student Services downloaden. 500 Studierende nutzen die App regelmäßig.
App-Entwicklung in Zusammenarbeit von Hochschule und Dienstleistern
Einen dritten Weg ist die Universität Bayreuth mit dem App-Anbieter UniNow aus Magdeburg gegangen. “Unsere Studierenden nutzten die App UniNow bereits, ohne dass wir als Hochschule mit im Boot waren. Es gab Stimmen, die verlangten, die unautorisierte App aufgrund von Datenschutzbedenken zu verbieten. Wir haben aber stattdessen einen Kooperationsvertrag mit den App-Gründern geschlossen und sie zusammen weiterentwickelt. Inzwischen ist die App sogar TÜV-zertifiziert”, berichtet Dr. Heiko Schoberth, Leiter Anwenderbetreuung, Außendarstellung und Kommunikation des IT-Servicezentrums der Universität Bayreuth.
In der App UniNow finden Studierende Profile von verschiedenen Hochschulen, sie müssen nur ihre Hochschule auswählen. Features, die im Auftrag einer bestimmten Hochschule entwickelt werden, können auch von anderen Hochschulen in ihre App-Version übernommen werden. Für die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wurde die Funktion Campus Radio programmiert. “Diese konnten wir dann ganz leicht auch für die Uni Bayreuth übernehmen”, so Schoberth.
Herausforderung: App-Informationen aktuell halten
Eine der größten Herausforderungen zum Betrieb einer Campus-App besteht für die Hochschulen darin, die Informationen aktuell zu halten. Dafür gibt es verschiedene Lösungen. Die Universität Hamburg verlinkt innerhalb ihrer App UHH global auf bestimmte Inhalte ihrer Website. Die Webseiten öffnen sich im In-App-Browser, sodass sie innerhalb der App geladen werden und die Nutzer die App nicht verlassen müssen. Der doppelte Pflegeaufwand für App und Website entfällt.
An der Universität Bayreuth werden die Informationen zum Teil dezentral in die App eingespeist. Bestimmte Informationen bekommen alle App-User gemeinsam. Darüber hinaus können sie jedoch unterschiedliche Feeds abonnieren. “Wir vom IT-Servicezentrum betreiben einen eigenen Feed. Es kann aber auch beispielsweise jede Fachschaft Erstsemesterinfos in die App einspeisen. Diese Informationen werden dann nur von der entsprechenden Zielgruppe abonniert”, erklärt Heiko Schoberth.
Kommunikation zur Corona-Situation per App
Ein wichtiges Feature in der ISS App der TU Darmstadt stellt das sogenannte Newscenter dar. Der Feed speist sich aus Facebook– und Instagram-Posts und wird während der Corona-Krise dazu genutzt, wichtige Informationen und Beschlüsse des Bundeslands Hessen, die auf anderen Kanälen nur auf Deutsch verfügbar sind, auf Englisch an die internationalen Studierenden zu kommunizieren. “Als die Maskenpflicht eingeführt wurde, haben wir beispielsweise Bilder von unseren Mitarbeiterinnen mit Maske gepostet, um die Studierenden darüber zu informieren und gleichzeitig mit einer Foto-Challenge dazu zu motivieren, uns ihre Masken zu zeigen”, berichtet Benedetta Gennaro von der TU Darmstadt. Auch die Universität Hamburg nutzt ihre App, um internationale Studierende mit aktuellen Informationen zur Corona-Pandemie zu versorgen.
An der Universität Bayreuth hat man sich bewusst gegen die Verbreitung von Informationen zur Corona-Krise per App entschieden. “Von unseren 13.500 Studierenden nutzen ca. 6.000 im Monat die App. Wir würden zu viele ausschließen, wenn wir vorzugsweise über die App zu Corona informieren. Oder wir müssen davon ausgehen, dass es nicht alle sehen. Uns ist der persönliche Kontakt wichtig, sodass wir alle notwendigen Informationen per E-Mail und über die Website verbreiten”, erklärt Angela Danner, Leiterin Stabsabteilung Presse, Marketing und Kommunikation an der Universität Bayreuth.
Allerdings könnte sich die App auf anderen Gebieten zur Kommunikationsalternative entwickeln. Zwischen der App UniNow und den Infoscreens auf dem Campus besteht eine direkte Kopplung. “Ich bekomme Vorlagen für Veranstaltungshinweise auf den Campusmonitoren geschickt, obwohl niemand sich auf dem Campus bewegt. Stattdessen wird jetzt die App dazu genutzt, Infos zu verbreiten, die sonst auf den Monitoren gelandet wären. Auch unsere Studierendeninitiativen können erst einmal nur über die App Kontakt zu anderen Studierenden finden, weil sie keine E-Mail-Listen haben und die persönliche Begegnung fehlt. Hier kann die App einiges leisten”, resümiert Danner.
Apps zur Gewinnung zukünftiger Studierender nutzen
Campus-Apps bieten neben der Service-Funktion für internationale Studierende vor Ort auch das Potenzial, zukünftige Incomings für die eigene Hochschule zu gewinnen. Die TU Darmstadt bewirbt ihre App ganz bewusst in der Datenbank International Programmes des DAAD, damit interessierte ausländische Studierende bereits im Orientierungsprozess den Eindruck bekommen, dass sie sehr gut betreut werden und gemeinsame Events auf sie warten, wenn sie sich für ein Studium an der hessischen Universität entscheiden.
Die britische University of Huddersfield geht mit ihrer International App noch einen Schritt weiter. Zukünftige internationale Studierende bekommen schon per App hautnah einen Eindruck davon, wie ihr Studium an der Universität aussehen könnte. Live-Videos, 360-Grad-Touren über den Campus, persönliche Chats mit den Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeitern und die Möglichkeit, sich direkt über die App für ein Studium zu bewerben, macht die University of Huddersfield International App zu einem umfassenden Marketingtool. Die Hochschule möchte ganz bewusst den Campus via App für die zukünftigen Studierenden aus dem Ausland lebendig werden lassen und bereits eine Bindung aufbauen, noch bevor die Studierenden die Hochschule betreten.
Grenzen der App-Nutzung
Campus-Apps nehmen einen wichtigen Platz im Marketing-Mix der Hochschulen ein. Erfolgreiches internationales Hochschulmarketing bezieht aber auch weiterhin andere Faktoren mit ein. Benedetta Gennaro rät, die Inhalte kurz und stichwortartig zu halten, um die App nicht mit Informationen zu überladen. Die Nutzung einer App würde den Gewohnheiten der Studierendengeneration entsprechen. Eltern, die oft an einer Entscheidung für ein Auslandsstudium beteiligt sind, bräuchten aber noch immer den klassischen Flyer.
Auch emotionale Unterstützung bei der Ankunft im fremden Studienland oder den persönlichen Austausch unter den Studierenden kann die Hochschul-App nicht leisten. “Wir sind es normalerweise gewohnt, uns auf dem Campus zu begegnen. Hier in Bayreuth ist alles sehr familiär. Wir lernen nicht nur, sondern leben auch miteinander. Das lässt sich mit den Möglichkeiten von Apps etwas auffangen, aber nicht komplett kompensieren”, resümiert Heiko Schoberth vom IT-Servicezentrum der bayerischen Universität.
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