KI-gestütztes Hochschulmarketing: Zukunft oder Bedrohung für die Authentizität?
Redaktion: Geschäftsstelle GATE–Germany (Januar 2023)
Ein Chatbot, der auf Anfrage binnen weniger Sekunden grammatikalisch korrekte, individuelle Texte verfasst, den Schreibstil an die Wünsche des Nutzenden anpasst und eigene Vorschläge zur argumentativen Betrachtung eines Themas unterbreitet – was bis vor kurzem wie ein Sciencefiction-artiges Zukunftsszenario schien, ist zur Realität geworden, seit der US-Tech-Konzern Open AI im November 2022 den auf Künstliche Intelligenz (KI) gestützten Online-Textgenerator und Chatbot “ChatGPT” veröffentlichte.
Für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen sind diese Entwicklungen von hoher Relevanz. KI-Technologien haben fraglos das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Wissen erwerben, zu verändern. Auch die Rolle der Lehrenden und die Methoden der Wissensvermittlung und -prüfung müssen angesichts der neuen Möglichkeiten überdacht werden. Berechtigterweise konzentriert sich die Debatte innerhalb der Hochschulen daher aktuell in erster Linie darauf, ob künftig massenhaft KI-generierte Textpassagen in wissenschaftlichen Arbeiten erwartet werden müssen, ob es sich dabei dann im rechtlichen Sinne um Plagiate handelt oder ob und wie (noch) inhaltlich fehleranfällige KI-Technologien in die Lehre eingebunden werden sollten.
Dieser Artikel fokussiert jedoch auf einen anderen Aspekt, der KI-Textgeneratoren wie ChatGPT für Hochschulen und Forschungseinrichtungen interessant macht: Wie werden sich diese Technologien auf das internationale Hochschulmarketing auswirken? Sollten Hochschulen KI für die Ansprache internationaler Zielgruppen einsetzen, oder bleibt die Authentizität und Glaubwürdigkeit dabei auf der Strecke? Welche Chancen und Herausforderungen bringen diese neuen Technologien im internationalen Hochschul- und Forschungsmarketing?
Durchaus interessante Antworten auf diese Fragen gibt ChatGPT selbst. Die Antworten sind erstaunlich und erhellend.
Anmerkung der Redaktion: Dem folgenden “Interview” mit dem Chat-Tool gingen kurze Instruktionen an die KI voraus, die der Chatbot gut umgesetzt hat – beispielsweise der Hinweis, Antworten stilistisch an die regulären Artikel in unserem Online-Magazin anzupassen und gendersensibel zu formulieren. Der Bitte, Wiederholungen zu vermeiden und knapp zu antworten, kam der Bot hingegen nur bedingt nach. Zwecks besserer Lesbarkeit wurden im hier wiedergegebenen Text daher Wiederholungen und Redundanzen herausgekürzt. Auch der Titel dieses Artikels wurde von ChatGPT vorgeschlagen.
Eine Frage zum Einstieg: Was genau ist GPT-3 bzw. ChatGPT? Erkläre es bitte einer marketingaffinen Zielgruppe mit unterschiedlich ausgeprägten technischen Vorkenntnissen.
GPT-3 und ChatGPT sind künstliche Intelligenzen (KI), die in der Lage sind, menschenähnliche Texte zu erstellen und zu verstehen. Diese Technologie kann in vielen Bereichen eingesetzt werden, wie zum Beispiel im Marketing, um automatisierte Texte für Social-Media–Posts oder Chatbots zu erstellen. Sie ermöglicht Unternehmen, Zeit und Ressourcen zu sparen, indem es Aufgaben automatisch erledigt, die sonst von Menschen erledigt werden müssten. Allerdings muss die Zielgruppe darauf hingewiesen werden, dass es sich um maschinell erzeugte Texte handelt und nicht um menschliche.
Frag Amiko: Automatisierte Beratung durch den DAAD-Chatbot
Bereits seit 2019 können die Besucherinnen und Besucher der DAAD-Website einem Chatbot namens Amiko ihre Fragen stellen. Das Angebot wurde zunächst auf Deutsch in der Rubrik “Im Ausland studieren, forschen & lehren” eingeführt, mittlerweile beantwortet Amiko auch Fragen auf Englisch und berät internationale Zielgruppen zu Studium und Forschung in Deutschland. Probieren Sie den Chatbot selbst aus, indem Sie auf der DAAD-Startseite unten rechts das runde, orangefarbige Chatfenster öffnen.
Welchen Einfluss wird diese Technologie auf die Entwicklungen im internationalen Hochschul- und Forschungsmarketing haben? Kann KI beispielsweise bei der Rekrutierung internationaler Studierender bzw. Forschender unterstützen?
Die Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschul- und Forschungsbranche kann in Zukunft zu einer Vereinfachung der Rekrutierung internationaler Studierender und Forschender führen. Durch die Automatisierung von Aufgaben wie der Erstellung von Texten und der Durchführung von Gesprächen kann die KI dazu beitragen, die Kommunikation mit potenziellen Studierenden und Forschenden zu erleichtern.
KI-Systeme können darüber hinaus auch dazu beitragen, die Rekrutierungsprozesse zu personalisieren und zu optimieren. Sie können beispielsweise dazu verwendet werden, potenzielle Studierende und Forschende automatisch anhand ihrer Interessen und Fähigkeiten auszuwählen und personalisierte Angebote zu unterbreiten.
Hochschulen und Forschungseinrichtungen möchten verstärkt personalisierte und passgenaue Marketingbotschaften an ihre unterschiedlichen internationalen Zielgruppen senden. Kann KI sie dabei unterstützen?
My GUIDE: Personalisierte Suche nach Studiengängen in Deutschland
Mit dem Portal My GUIDE bietet der DAAD internationalen Studieninteressierten seit 2020 eine interaktive Plattform, die sie bei ihrer individuellen Suche nach passgenauen Studienangeboten an deutschen Hochschulen unterstützt. Unter dem Slogan “The gateway to your German university” erhalten die Nutzerinnen und Nutzer nach drei Einstiegsfragen erste Ergebnisse, die sie anhand weiterer Filter und der Angabe ihrer Qualifikationen verfeinern können. Zusätzlich zu den personalisierten Angeboten stellt My GUIDE ein Formular zur individuellen Kontaktaufnahme mit den ausgewählten Hochschulen zur Verfügung.
KI kann Hochschulen und Forschungseinrichtungen dabei unterstützen, personalisierte und passgenaue Marketingbotschaften an ihre unterschiedlichen internationalen Zielgruppen zu senden. Eine Möglichkeit hierfür ist die Verwendung von natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) und maschinellem Lernen (ML), um die Interessen und Bedürfnisse potenzieller Studierender und Forschender zu analysieren und personalisierte Angebote zu erstellen.
Die sogenannte Hyper-Personalisierung ermöglicht es, die Personalisierung von Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen auf eine höhere Ebene zu heben. Dies kann beispielsweise durch den Einsatz von Chatbots erfolgen, die potenzielle Studierende und Forschende automatisch beraten und unterstützen. Diese Chatbots können Fragen beantworten oder bei der Navigation auf der Website oder bei der Bewerbung um ein Studium oder eine Forschungsstelle helfen. So kann das Personal der Hochschulen sich auf qualitativ hochwertigere Interaktionen konzentrieren, anstatt sich um die Beantwortung von Routineanfragen zu kümmern.
Potenzielle Studierende und Forschende können außerdem automatisch anhand ihrer Interessen und Fähigkeiten ausgewählt werden, und personalisierte Angebote können erstellt werden. Die Botschaften der Hochschulen können an die Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe angepasst werden.
Hyper-Personalisierung kann also dazu beitragen, die Relevanz und Wirkung von Marketingmaßnahmen zu erhöhen und die Interaktion mit potenziellen Studierenden zu verbessern.
Wie könnten KI-Technologien Hochschulen bei der Ausformulierung bzw. Schärfung ihrer Marketing- oder Internationalisierungsstrategie unterstützen?
KI-Technologien können Hochschulen auf verschiedene Weise bei der Ausformulierung und Schärfung ihrer Marketing- oder Internationalisierungsstrategie unterstützen. Einige Beispiele dafür sind: die Analyse von Daten, die Identifizierung von Zielgruppen, die Schärfung der Botschaften und die Optimierung von Kampagnen. Außerdem können Prozesse in der Marketing- und Internationalisierungsarbeit automatisch durchgeführt werden und dadurch Zeit und Ressourcen gespart werden. Mit Unterstützung von KI-Technologien können Hochschulen sicherstellen, dass ihre Botschaften relevanter und wirkungsvoller sind, auch bei geringen Budget- und Personalkapazitäten.
Darüber hinaus können KI-Technologien Hochschulen auch dabei unterstützen, die Wirkung ihrer Marketingmaßnahmen zu evaluieren, indem sie die Datenanalyse und -verarbeitung automatisieren und beschleunigen. Große Mengen an Daten, wie z. B. die Interaktionsdaten von Webseitenbesuchern oder die Ergebnisse von Umfragen, können von KI-Systemen schneller und präziser analysiert werden. Im Rahmen einer Sentimentanalyse können KI-Systeme die Stimmung von Studierenden, z. B. in sozialen Medien erfassen und kategorisieren. Dies kann Hochschulen helfen, die Wirkung ihrer Marketingmaßnahmen auf die Zufriedenheit der Studierenden oder die Wahrnehmung der Hochschulmarke besser zu verstehen.
Darüber hinaus können KI-Technologie den Hochschulen ermöglichen, Prognosen über die Wirkung von Marketingmaßnahmen zu erstellen, indem sie auf historischen Daten trainiert werden und dann die mögliche Wirkung von zukünftigen Maßnahmen vorhersagen. So können Hochschulen durch KI-Systeme besser abschätzen welche Marketingmaßnahmen am erfolgversprechendsten sind und welche nicht.
Der internationale Ruf bzw. das Reputationsmanagement ist für Hochschulen von besonderer Bedeutung. Welche Risiken birgt der Einsatz von KI im internationalen Hochschulmarketing in diesem Kontext?
Reputationsmanagement ist für Hochschulen von besonderer Bedeutung, da der internationale Ruf einer Hochschule einen wichtigen Einfluss auf ihre Attraktivität für internationale Studierende und Forschende hat. Eine gute Reputation kann dazu beitragen, dass sich potenzielle Studierende und Forschende für eine Hochschule entscheiden und dass die Hochschule von anderen Hochschulen, Unternehmen und Organisationen als Partner in der Wissenschaft und Forschung wahrgenommen wird.
Der Einsatz von KI im internationalen Hochschulmarketing birgt in diesem Kontext auch Risiken. Nicht korrekt konfigurierte KI-Systeme können beispielsweise unangemessene oder diskriminierende Ergebnisse liefern, was negative Auswirkungen auf den Ruf der Hochschule haben kann. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die Datensicherheit und Datenschutz nicht ausreichend gewährleistet ist, was zu Problemen mit der Privatsphäre potenzieller Studierender und Forschender führen kann. In der Vergangenheit hat es auch Fälle gegeben, in denen KI-Textgeneratoren wie ChatGPT unangemessene oder falsche Informationen generiert haben. Dies kann passieren, wenn das Modell auf ungenauen oder unvollständigen Daten trainiert wurde oder wenn es nicht korrekt konfiguriert ist. Es ist daher wichtig zu beachten, dass KI-Systeme nur so gut sind wie die Daten, auf denen sie trainiert wurden, und die Methoden, mit denen sie konfiguriert wurden.
Es ist wichtig, dass Hochschulen und Entwickler ihre KI-Systeme verantwortungsvoll und ethisch nutzen, indem sie die Daten und die Methode des Trainings kontrollieren, und dass sie die Ergebnisse der Generierungen überprüfen und validieren.
Für viele Hochschulmitarbeitende im Marketing spielten die Möglichkeiten und Risiken von KI in ihrer täglichen Arbeit bislang kaum eine Rolle. Wie zeitnah sollten sich diese Personen des Themas annehmen?
Hochschulmitarbeitende im Marketing, die bislang keine Erfahrungen mit KI-Technologien hatten, sollten sich mit den Möglichkeiten und Risiken von ChatGPT und anderen KI-Systemen im Bereich des Hochschulmarketings auseinandersetzen, um sich ein umfassendes Verständnis zu verschaffen. Dazu können sie sich beispielsweise informieren, indem sie Fachliteratur lesen, an Schulungen und Workshops teilnehmen oder sich mit Experten aus der Branche austauschen.
Wenn es darum geht, schnell auf die sich verändernden Anforderungen des Marktes zu reagieren, kann es sinnvoll sein, sich jetzt mit den neuen Möglichkeiten von ChatGPT auseinanderzusetzen und zu prüfen, wie sie in die Marketingstrategie der Hochschule integriert werden können. Wenn die Hochschule jedoch ein höheres Risikobewusstsein hat oder es darum geht, sicherzustellen, dass die Anwendung von KI ethisch und nachhaltig erfolgt, kann es sinnvoll sein, sich zunächst ausreichend Zeit zu nehmen, um die Möglichkeiten und Risiken von ChatGPT und anderen KI-Systemen gründlich zu evaluieren und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Dies ermöglicht es, sicherzustellen, dass die Risiken und Herausforderungen, die mit der Verwendung von KI im internationalen Hochschulmarketing verbunden sind, vollständig verstanden wurden und adäquate Schritte unternommen werden können, um diese Risiken zu minimieren und die Chancen zu nutzen.
Neben GPT-3 und ChatGPT gibt es zahlreiche KI-Textgeneratoren von verschiedenen Unternehmen und Entwicklern, die im Marketing an Bedeutung gewinnen. Einige Anbieter bieten ihre Tools kostenfrei an, andere sind bereits jetzt kostenpflichtig oder haben die Einführung von Bezahlversionen angekündigt. Die Entwicklungen in diesem Bereich schreiten schnell voran. Hier ein paar Beispiele:
- Chatbot LaMDA von Google: Das Language Model for Dialogue Applications wird von Google seit Jahren entwickelt. Die Fähigkeiten des Programmes sollen eine Stufe weiter gehen als jene von ChatGPT. Nutzerinnen und Nutzer können die Anwendung bereits testen und ggf. Probleme melden. Wann LaMDA auf den Markt kommen soll, ist noch nicht bekannt.
- Jasper Chat von Jasper: Ähnlich wie ChatGPT kann der Chatbot Jasper Chat Texte in verschiedenen Sprachen erstellen und komplexe Details erfassen.
- Azure Cognitive Services von Microsoft: Eine Sammlung von KI-Tools, die Entwicklern ermöglichen, menschenähnliche Interaktionen und intelligente Anwendungen zu erstellen.
- Neuroflash von der neuroflash GmbH: Textgenerator aus Deutschland, mit deutscher Oberfläche, mit dem sich auch Texte in anderen Sprachen verfassen lassen.
Darüber hinaus gibt es auch diverse KI-Text-zu-Bild-Generatoren, die auf Basis von Nutzerangaben künstlerische oder realitätsnahe Bilder generieren. Auch der Einsatz dieser Tools ist für Marketingzwecke interessant.
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