DAAD-Netzwerkkonferenz 2024: Vielseitig, inspirierend – und endlich wieder in Präsenz
Autorin: Gunda Achterhold
Nach zwei digitalen Veranstaltungen war es in diesem Jahr so weit: Zum ersten Mal seit 2018 fand die DAAD-Netzwerkkonferenz 2024 wieder in Präsenz statt. In den Räumlichkeiten des DAAD und des Wissenschaftszentrums in Bonn tauschten sich am 27. und 28. Juni Vertreterinnen und Vertreter deutscher Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen mit knapp 80 DAAD-Kolleginnen und -Kollegen aus dem weltweiten Netzwerk und der Zentrale über aktuelle Entwicklungen in der Hochschulinternationalisierung aus. Die Freude an der persönlichen Begegnung war überall zu spüren, in den Sessions und Beratungen ebenso wie in den Gesprächen am Rande.
Stimme aus der Nachbefragung zur Konferenz“Großer Nutzen der Netzwerkkonferenz ist immer die Möglichkeit zum Austausch mit den Mitarbeitenden des DAAD aus aller Welt. Sehr gut gefallen hat mir die Öffnung ins Haus und die Gelegenheit, sich hier auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Programmarbeit auszutauschen.”
Von einer Zeitenwende mit geopolitischen Verwerfungen war im Rahmen der Eröffnung die Rede. “Wie arbeiten wir angesichts neuer Risiken und Systemrivalitäten in der internationalen Wissenschaftswelt zusammen?” Diese Frage stellte Dr. Kai Sicks, Generalsekretär des DAAD, in den Raum. Hochschulen seien aufgerufen, sich klarer zu positionieren. Das bedeutet aus seiner Sicht: “Es ist eine Notwendigkeit sich auszukennen und Länderkompetenz aufzubauen.”
Rund 300 Einzelberatungen, zehn offene Thementische, 78 Expertinnen und -experten
Das Programm [PDF 373,89 KB] der in diesem Jahr neu konzipierten Netzwerkkonferenz setzt genau hier an. Sessions mit länderspezifischem Fokus waren gezielt als “Ländergespräche” gestaltet, in denen die Teilnehmenden von den Erfahrungen ihrer Kolleginnen und Kollegen lernen und Regionalwissen beispielsweise zur Türkei und Australien austauschen konnten. An den insgesamt zehn offenen Länder- und Thementischen, einem weiteren neuen Format, beantworteten Expertinnen und Experten des DAAD in offenen Q&A-Runden Fragen zu Zielländern wie Kenia, China oder Indien, zur DAAD-Fachkräfte-Initiative oder zu Erasmus+.
Herzstück der Veranstaltung waren auch in diesem Jahr die vorab individuell buchbaren 1:1-Gespräche mit den Themen- und Länderexpertinnen und -experten des DAAD. In rund 300 durchgeführten Einzelberatungen nutzten Teilnehmende die Gelegenheit, ihre spezifischen Fragen zu Kooperationen, regionalen Besonderheiten oder Marketingthemen im persönlichen Gespräch zu stellen. “Eigene Bedarfe lassen sich in diesen Einzelgesprächen sehr schnell und effektiv klären,” berichtete eine Teilnehmerin nach der Konferenz. “Mir ging es zum Beispiel darum, wie wir unser Forschungsmarketing aufbauen können. Dafür haben wir jetzt eine gute Basis.”
Die DAAD-Netzwerkkonferenz findet alle zwei Jahre statt, im Wechsel mit dem GATE-Germany-Marketingkongress. Das Programm konzipiert die Geschäftsstelle des Konsortiums für internationales Hochschulmarketing GATE-Germany. Wie sehr die Möglichkeit geschätzt wird, mit dem DAAD und seinem Außennetzwerk in persönlichen Gesprächen in Kontakt zu treten, spiegeln Rückmeldungen nach und während der Konferenz wider.
Stimme aus der Nachbefragung zur Konferenz“In den Gesprächen ergeben sich fast immer neue Ideen, Kooperationsoptionen oder auch nur die Möglichkeit, Anknüpfungspunkte zwischen den Institutionen zu entdecken.”
Länderkompetenz: Einzelgespräche mit Expertinnen und Experten des DAAD bringen konkreten Nutzen
“Dieser geballte persönliche Austausch im Rahmen der Netzwerkkonferenz ist inspirierend”, berichtet ein Teilnehmer im Nachgang. “Ich bin mit konkreten Fragen zu bestimmten Zielregionen gekommen. Nach dem Gespräch mit dem Länderexperten habe ich jetzt einen Menschen vor Augen – für die weitere Zusammenarbeit mit dem DAAD ist das wertvoll.” Auch die Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen werden als hilfreich empfunden. Denn es gibt Themen im Bereich Internationalisierung, mit denen sich fast alle deutschen Hochschulen auseinandersetzen.
Dazu zählen beispielsweise die Folgen des Brexits. Eine der insgesamt neun Sessions beschäftigte sich mit den Veränderungen in den deutsch-britischen Hochschulkooperationen vier Jahre nach dem EU-Austritt Großbritanniens. Ruth Krahe, DAAD-Außenstellenleiterin in London, gab einen Überblick über das britische Hochschulsystem und verschiedene Kooperationsmodelle. Allzu optimistischen Spekulationen nach dem kürzlichen Regierungswechsel trat sie entschieden entgegen: “UK wird auch unter einer europafreundlicher gesinnten Regierung in absehbarer Zeit nicht wieder der EU beitreten”, betonte die DAAD-Expertin. “Nutzen Sie Ihre Kontakte aus der Vor-Brexit-Zeit und warten Sie nicht auf die Zukunft.”
Auf dem Podium berichteten Vertreter und Vertreterinnen deutscher Hochschulen von ihren Kooperationen mit britischen Partneruniversitäten. “Das Interesse ist anhaltend hoch, aber für uns mit viel mehr Aufwand verbunden”, sagte Paulina Hinz von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Dr. Andreas Weihe von der Universität Bamberg bestätigte: Er habe auch nach dem Brexit neue Kooperationen anstoßen können, wenn die deutsche Seite bei der Anbahnung gewissermaßen in Vorleistung gehe und attraktive Angebote mache. Bettina Hasenmüller von der Stiftung Wissenschaft und Politik wiederum beobachtet, dass Kurzzeitmobilitäten im deutsch-britischen Wissenschaftsaustausch interessanter werden.
Stimme aus der Nachbefragung zur Konferenz“Einige der Themen, zum Beispiel Krisenmanagement, Marktanalyse oder Transfer, werden aktuell auch an meiner Hochschule diskutiert beziehungsweise konkret bearbeitet. Hier gab es interessante Impulse.”
“Better, faster, cheaper” – Anreize zur Nutzung von KI im Hochschulsektor
Entertainer-Qualitäten bewies der niederländische KI-Experte Alex Dowdalls in seiner Keynote zu “Transforming Education with AI”. Anschaulich und humorvoll zeigte er, wie sich KI-Anwendungen im Hochschulalltag einsetzen lassen, um zum Beispiel die Arbeit im internationalen Hochschulmarketing zu erleichtern. So könnten KI-gestützte “Smart Agents” rund um die Uhr Anfragen beantworten und mit den neuen generativen Tools von Texten bis hin zu Musik kreative Kampagnen entwickelt werden. Beim Publikum kamen seine Anreize zur intensiveren Nutzung von KI gut an und setzten Denkprozesse in Gang. Dowdalls Kernbotschaft: “Die Auswirkungen der KI werden den Menschen nicht ersetzen. Diejenigen, die Daten und KI nutzen, ersetzen jedoch bereits diejenigen, die dies nicht tun.”
Den durchweg gut besuchten Sessions, unter anderem zum “Erfolgsfaktor Marktanalyse”, zu “Rising Stars” unter den weltweiten Hochschulmärkten, zu “Technologietransfer” oder dem “Umgang mit Anfeindungen auf dem Campus”, schlossen sich oft lebhafte Diskussionen an. Sie zeigten, wie wichtig und inspirierend das Lernen voneinander ist. Dieser Erfahrungsaustausch stand auch im Mittelpunkt der Veranstaltung “Aktuelle Fragen der Internationalisierung – Kompakt”. Mit Impulsreferaten zu selbst gewählten Themen gaben Hochschulvertreterinnen und -vertreter die inhaltliche Richtung vor. “Wir haben damit ein Forum für Diskussion und Vernetzung geschaffen”, sagt Dr. Nesrin Calagan, Referentin in der GATE-Germany-Geschäftsstelle und Moderatorin der Session. Im Format des World Cafés entwickelten die Teilnehmenden anschließend die jeweiligen Inhalte an vier Thementischen weiter. Die Ergebnisse wurden auf Flipcharts festgehalten und im Anschluss dem Plenum vorgestellt. “Das ist ein sehr interessantes Format”, stellte eine Teilnehmerin im Rückblick fest. “Mir ist klar geworden, dass wir alle mit ähnlichen Herausforderungen zu tun haben.”
Stimme aus der Nachbefragung zur Konferenz“Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Hochschulen war sehr zielführend und ein Gespräch führte schnell zum nächsten, vor allem nach den offenen Tischen und Podiumsveranstaltungen.”
Risikomanagement in internationalen Kooperationen: neue Anforderungen an International Offices
Die Rahmenbedingungen für internationale Hochschulkooperationen sind komplexer geworden. Stärker als früher beschäftigt viele deutsche Hochschulen heute die Herausforderung, eine angemessene Balance zwischen Offenheit und Chancenorientierung auf der einen, Verantwortung und Forschungssicherheit auf der anderen Seite zu finden. Das machte eine Podiumsdiskussion deutlich, mit der das Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) den zweiten Konferenztag eröffnete. Referentinnen der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Universität Bonn und der DAAD-Außenstelle Brüssel diskutierten mögliche Ansätze, Mechanismen zur Risikobewertung innerhalb der Hochschulen einzuführen. Eine der Kernfragen hierbei sei, ob diese länderspezifisch oder allgemeingültig ausgearbeitet werden sollten. Das KIWi bietet zu dieser Thematik sowohl Publikationen als auch individuelle Beratung.
Nach zwei digitalen Netzwerkkonferenzen in den vergangenen Jahren wird die Rückkehr zu Präsenz von Teilnehmenden in Gesprächen durchweg positiv beurteilt. Auch die Vielseitigkeit der neuen Formate wurde in der Nachbefragung gelobt, insbesondere der Wechsel zwischen inputbasierten Sessions und interaktiven Austauschmöglichkeiten. Der Dreiklang aus Vernetzungsmöglichkeiten mit Vertreterinnen und Vertretern der weltweiten DAAD-Büros, Expertinnen und Experten der DAAD-Zentrale sowie der Hochschulmitarbeitenden untereinander machte die Konferenz in den Worten einer Teilnehmerin zu “einer rundum gelungenen, produktiven und schönen Veranstaltung mit Tief- und Weitblick”.