Die Sichtbarkeit der Hochschule im Netz steigern: Eine Team-Aufgabe
Autorin: Susanne Geu (9. Oktober 2019)
Das Prinzip ist bekannt: Eine professionelle und suchmaschinenoptimierte (Search Engine Optimized, SEO) Website führt schnell zu einer besseren Darstellung bei Google, dem in vielen Ländern größten Vermittler von Nutzerinnen und Nutzern. Das wiederum bedeutet mehr Sichtbarkeit bei der Zielgruppe der Studieninteressierten. In Ländern wie Russland oder China sind andere Suchmaschinen (Yandex bzw. Baidu) relevant. Wer internationale Studierende in diesen Ländern ansprechen möchte, sollte idealerweise auch diese Suchmaschinen berücksichtigen.
Sichtbarkeit nach außen erfordert zunächst Kommunikation nach innen
Nicht selten ist eine heterogene Organisationsstruktur dafür verantwortlich, dass Hochschulen das Thema Suchmaschinenoptimierung nicht strategisch angehen. Der Hauptwebauftritt der Hochschule liegt traditionell in der Hand der Kommunikationsabteilung. Das betrifft häufig die ersten zwei oder drei Gliederungsebenen des Websitemenüs. Alle darunter befindlichen Seiten werden hingegen dezentral in den Fakultäten oder in der Verwaltung erstellt und redaktionell betreut.
Kenntnisse zu SEO und Contenterstellung sowie zur Einhaltung technischer Standards eignen sich die Mitarbeiter häufig im Selbststudium oder durch Weiterbildungen an. Wechseln sie die Stelle, muss das Know-How und das interne Netzwerk, in dem bereichsübergreifend Hilfe und Austausch stattfindet, neu aufgebaut werden. “Die gesamte Organisation der Kommunikation leidet darunter”, sagt Magnus Schubert, Experte für digitale Hochschulkommunikation und Autor der “Internationalen Hochschulstudie”, die 2.500 Hochschulauftritte aus 26 europäischen Ländern sowie aus Kanada und den USA analysiert.
“Alle Stakeholder innerhalb der Hochschule müssen an einen Tisch gebracht werden. Nur wenn sich niemand ausgeschlossen fühlt und alle verstanden haben, welchen Mehrwert eine organisierte Herangehensweise an den Webauftritt hat, kann ein erfolgreicher Webrelaunch gelingen. Sichtbarkeit, also die Kommunikation nach außen, erfordert zunächst einmal Kommunikation nach innen”, erklärt Schubert.
Zielgruppengerecht durch Barrierefreiheit, Mehrsprachigkeit und gutes Design
Ein Trend, den die Internationale Hochschulstudie im Hinblick auf die Sichtbarkeit bestätigt, ist eine spürbar größere Zielgruppenorientierung beim Webauftritt der Hochschulen. Studieninteressierte werden gezielter angesprochen und ihre Ansprüche an Design, Sicherheit und Barrierefreiheit der Website berücksichtigt.
Die Hochschule Geisenheim University entschied schon bei ihrer Gründung im Jahr 2013, wann immer möglich den Internetauftritt zweisprachig zu gestalten. Die Hochschule setzt auf internationale Sichtbarkeit, bekannt ist sie vor allem für ihre Weinbau-Studiengänge: “Da es nicht viele Universitäten mit dieser Spezialisierung gibt, wollen wir uns international stark in der Wissenschaft vernetzen. Aber auch die Studierenden unserer englischsprachigen Bachelor– und Masterstudiengänge sollen sich von Anfang an zurechtfinden. Inzwischen sind 70 bis 75 Prozent unserer Website übersetzt, 80 bis 90 Prozent wären toll”, sagt Alina-Louise Kramer, Referentin im Bereich Kommunikation und Hochschulbeziehungen der Hochschule Geisenheim University.
Dieser Servicegedanke findet seit dem Relaunch 2018 auch auf anderen Ebenen der Hochschulwebsite Anwendung. “Um das Thema Barrierefreiheit richtig anzugehen, haben wir Menschen mit Behinderungen in den Relaunch-Prozess eingebunden. Jetzt ist hoffentlich keine Schrift mehr zu klein. Auch bei der Struktur haben wir uns an barrierearme Prinzipien gehalten. Damit sich jemand unsere Website problemlos vorlesen lassen kann, haben wir bei den Ebenen auf eine logische Struktur geachtet”, sagt Kramer.
Darüber hinaus hat die Hochschule auf die mobile Optimierung Wert gelegt – Bilder werden automatisch verkleinert, um Ladezeiten zu reduzieren und bei Downloads gibt es standardmäßig Angaben über Format und Größe der Datei. So können die Nutzerinnen und Nutzer entscheiden, ob der Download im Mobilfunknetz möglich ist oder besser über WLAN gestartet werden sollte.
SEO: Leuchtturmprojekt mit Vorbildfunktion entwickeln
Suchmaschinenoptimierung sollte als gemeinsame Aufgabe verstanden werden. “SEO bedeutet immer einen enormen Aufwand, aber da fast jede Hochschulmitarbeiterin und jeder Hochschulmitarbeiter Texte ins Web stellt, muss man aufzeigen, warum es wichtig ist, beispielsweise die sogenannten ALT-Texte für die Bilder auszufüllen. Niemand macht hier absichtlich etwas falsch, es fehlt das Wissen. In einer Art ‘Train-the-trainer-Prinzip’ könnte so eine bestimmte Qualität der Website aufrechterhalten werden”, schlägt Magnus Schubert vor.
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung empfiehlt er Hochschulen darüber hinaus eine Fakultät in enger Zusammenarbeit mit der Kommunikationsabteilung als Leuchtturmprojekt zu entwickeln, die andere mit ihrem Beispiel inspirieren kann. Dann entstünde Ehrgeiz und der Gedanke “das können wir auch”. “Alle scheuen sich, das Projekt Webrelaunch und damit die Verbesserung der Sichtbarkeit anzugehen. Statistisch gesehen steht es aber bei den meisten Hochschulen alle sieben bis acht Jahre an. Aus dieser Not kann man auch eine Tugend machen”, resümiert Schubert.
Sichtbarkeit in sozialen Medien abhängig von Zielgruppe und Kanal
Ein erfolgreiches Gesamtkonzept, um als Hochschule sichtbar zu sein, schließt die zielgruppenorientierte Nutzung der sozialen Medien mit ein. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube und Google existieren aber beispielsweise in China nicht. Wer chinesische Studierende oder Forschende über soziale Medien oder Messenger erreichen möchte, muss über entsprechende Accounts bei Weibo und WeChat verfügen. Hochschulen können sich zur Frage der am besten geeigneten regionalen Social-Media-Kanäle von den Expertinnen und Experten des DAAD-Netzwerks beraten lassen.
Jedes soziale Netzwerk hat sich mittlerweile für eine bestimmte Zielgruppe etabliert. Damit einher geht eine konkrete Erwartungshaltung an die Inhalte, die Nutzende dort konsumieren möchten. 18- bis 23-jährige Studieninteressierte erreichen Hochschulen mit hochwertigen Bildern bei Instagram. Der wissenschaftliche Austausch mit Kooperationspartnern funktioniert bei Twitter besser. “In einer idealen Welt bedienen Hochschulen alle Zielgruppen, die sie haben. Sind die Kapazitäten dafür nicht vorhanden, ist es sinnvoll, sich auf eine Zielgruppe und einen Kanal zu fokussieren”, rät Schubert.
Ein Prinzip, das die Hochschule Geisenheim University konsequent beachtet. Werbeanzeigen werden über Instagram an junge Speditionskaufleute, Köche und Bäcker ausgespielt, die sich weiter qualifizieren möchten. In naher Zukunft geben Gartenbau- oder Lebensmittelsicherheitsstudierende in Instagram-Posts Einblick in ihren Studienalltag. Auf Twitter treibt die Hochschule dagegen die Vernetzung mit französischen Wissenschaftspartnern wie der Universität in Bordeaux voran, die sich ebenfalls auf Weinbau spezialisiert haben.
Keine Content-Probleme, aber mangelhaftes URL-Management
Der Algorithmus, über den Google festlegt, an welcher Stelle Seiten in den Suchergebnissen gelistet werden, ist dynamisch und streng geheim. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass Google Websites mit gutem Content besser rankt, als Auftritte mit statischem oder nicht vorhandenem Content. Ein guter Inhalt lässt die Zielgruppe länger auf der Seite verweilen. An relevantem Content mangelt es Hochschulen nicht. Es können wertvolle Informationen über das Studienangebot und Möglichkeiten der Studienfinanzierung vermittelt werden oder Studierende sowie Mitarbeitende zu Wort kommen, die spannende Geschichten aus der Wissenschaft und dem Hochschulalltag erzählen.
Jedoch sind viele Hochschulwebsites nicht unter ihrer eigentlichen Hauptdomain erreichbar, der Content liegt auf eigens für Studiengänge oder spezifische Zielgruppen aufgesetzten Websites. “Es gibt Hochschulen, die haben neben der Hauptdomain 850 andere Webauftritte. Oft werden neue Domains erfunden, weil ein Professor individuelle Ansprüche an “seine Website” hat. Das ist ein internationales Phänomen und häufig so ausgeprägt, dass niemand an der Hochschule weiß, welche URLs zur Institution gehören”, erzählt Schubert. Hier vergeben Hochschulen Chancen, guten Content für die eigene Sichtbarkeit zu nutzen.
Gut gelistete URLs immer beibehalten
Die Hochschule Trier hat sich diesem Problem im Zusammenhang mit dem Webrelaunch im November 2018 bewusst angenommen. Neben der Restrukturierung von 7.000 Unterseiten war es das Ziel, die eigenständigen Websites des Hauptcampus in Trier, des Umwelt-Campus Birkenfeld und der gestalterischen Fachrichtungen unter einer gemeinsamen Webinstanz zusammenzuführen.
“Diese Strukturen sind historisch gewachsen. Wir hatten einzelne Einrichtungen, die eigene Auftritte ins Leben gerufen hatten. Um nach außen stärker als Einheit wahrgenommen zu werden, haben wir den Prozess angestoßen, unsere Website inklusive neuem Corporate Design als Hochschule Trier gemeinsam umzusetzen”, berichtet Silvia Gessinger, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit an der Hochschule Trier.
URLs, die bei Google bereits gut gelistet waren, sollten auch mit dem Webrelaunch nicht verschwinden. So wurde die Domain www.umwelt-campus.de trotz Migration des Webauftritts in den Gesamtauftritt der Hochschule Trier beibehalten. Der Umwelt-Campus ist somit jetzt über die Hauptseite und die bisherige Domain erreichbar.
Messbare Ziele, um Sichtbarkeit zu überprüfen
Key-Performance-Indikatoren (KPI)
Weiterführende Informationen zum Thema KPI – hier mit Bezug auf internationales Forschungsmarketing – finden Sie auf der Website der Initiative Research in Germany.
Wie groß ist unsere Sichtbarkeit und lohnt es sich tatsächlich, dafür Geld in die Hand zu nehmen? Um diese Frage zu beantworten, sollten Hochschulen sich konkrete, messbare Ziele setzen. Anhand sogenannter Key Performance Indikatoren (KPI) lässt sich nachweisen, welche Erfolge durch bestimmte Maßnahmen erzielt wurden. “Ein Ziel könnte zum Beispiel sein, in den nächsten sechs Monaten 50 Prozent mehr Unique Visitors zu haben. Solche Ziele setzen sich jedoch aktuell nur die wenigsten deutschen Hochschulen. Wenn der Erfolg nicht abstrakt bleibt und mit Zahlen belegt werden kann, ist die Hochschulleitung eher bereit, weiter zu investieren”, erläutert Magnus Schubert.
Christina Schwardt, Referentin der Hochschulleitung, hat den Webrelaunch der Hochschule Trier strukturell und organisatorisch begleitet und ist sich des Potenzials solcher konkreten Zahlen bewusst: “Wir klären gerade noch datenschutzrechtliche Vorgaben, die mit der Erfassung und Auswertung der Websitedaten vereinbar sein müssen. Wie unsere neue Seite bei der Zielgruppe ankommt, testen wir bereits stichprobenartig. Im Rahmen unserer jährlichen Erstsemesterbefragung werden wir in Kürze auch Daten zur Relevanz des Webauftritts bei der Hochschul- und Studienwahl erheben.”
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